Theseus im Kurztest

Als ich mich durch das knietiefe, blutgetränkte Wasser dem hell erleuchteten Eingang zum Labyrinth nähere, bin ich fest davon überzeugt, dass Theseus ein wirklich gutes Spiel werden könnte. Etwas mehr als zwei Stunden später läuft dann der Abspann über das Display meiner PSVR-Brille und ich bin enttäuscht. Nicht nur wegen der kurzen Spieldauer, sondern auch deswegen weil der Ausflug in die griechische Mythologie spielerisch nicht wirklich viel zu bieten hatte.

Theseus gehört sicherlich zu den bekannteren Figuren der klassischen antiken Heldensagen, was vor allem durch seinen Kampf gegen das Stierwesen, den Minotaurus, begründet ist. Im gleichnamigen Spiel hält man sich nur sehr lose an die Erzählung. Ja, es gibt ein Labyrinth, durch welches sich der Held schlagen muss, das ist aber ziemlich linear und man findet auch ganz ohne den bekannten Faden den Weg hindurch. Dort wartet Ariadne, Tochter des kretischen Herrschers Minos auf uns, die von einem gigantischen, menschenfressenden Wesen mit menschlichem Körper und Stierkopf gefangen gehalten wird. Der Geist der Königstochter ist es dann auch, der uns ab und zu mit Rat zur Seite steht und uns nützliche Tipps gibt. Der Minotaurus im Spiel hat eine große Schwäche: Er ist blind. Dafür sind aber seine anderen Sinne geschärft und so kann er jede kleinste Bewegung hören oder etwa auch die Verwendung von Fackeln wahrnehmen. Der direkte Kampf ist zwecklos, denn alleine aufgrund seiner Körpergröße kann er uns mit einem einzigen Schlag töten, wogegen unsere Schwerthiebe kaum Schaden bei ihm anrichten. Wir schleichen uns also möglichst unauffällig durch das Labyrinth, klettern an Vorsprüngen entlang, betätigen Schalter und bekämpfen die gelegentlich erscheinenden Schergen des Stierwesens. Also ein ganz normaler griechischer Helden-Alltag.

Wo bin ich?

Theseus ist somit ein klassisches Action-Adventure, welches zwar aus der Third-Person Perspektive mit dem Gamepad gespielt wird, aber mit dem Zusatz-Feature die Umgebung komplett in VR erkunden zu können. Das Spiel hält sich dabei aber nicht an eine fixe Kameraposition, sondern variiert dieses von Raum zu Raum. So verfolgt ihr einmal den Helden direkt per Schulterblick, während im nächsten Abschnitt auf eine Überkopfkamera gewechselt wird. Das verwirrt mit zunehmender Spieldauer und ich war vor allem in dunkleren Räumen manchmal etwas orientierungslos, weil ich nie genau wusste von wo meine Spielfigur nun kommt und wohin ich genau gehen muss. Weil dazu in vielen Szenen die Kamera auch viel zu weit entfernt vom Helden positioniert wird, kommt der Virtual Reality Effekt der PSVR Headsets nur sehr selten zur Geltung. Das raubt viel an Atmosphäre und Immersion. Dass sich Theseus mit seiner geringen Auflösung und matschigen Texturen dazu auch grafisch eher auf PS3 Niveau befindet, trübt den technischen Gesamteindruck zusätzlich. Einzig der kolossale Minotaurus sorgt für spärlich gesäte Highlights.

Auch spielerisch köchelt das Action-Adventure auf Sparflamme. Die Kletterpassagen sind anspruchslos, die Rätsel simpel und fast jeder Kampf kann mittels einfachem Button-Mashing gewonnen werden. Etwas komplizierter wird es erst dann, wenn man auf den Boss des Labyrinths trifft. Hier hilft dann meistens nur stupides Trial&Error um herauszufinden, wie man sich am besten an ihm vorbeischleichen kann. Zum Glück sind die Check-Points sehr fair gesetzt, sodass zumindest in diesem Punkt kein Frust aufkommt.

FAZIT

Kann sich irgendwer noch an die Dragon’s Lair Spiele erinnern? Das Spielprizip war relativ simpel, denn man musste lediglich in jeder Sequenz zur richtigen Zeit eine bestimmte Joystick-Bewegung tätigen, damit es in der Story weiterging. Theseus erinnert mich in vielen Punkten an diese einfache Mechanik: Ich betrete einen Raum, drücke an den richtigen Stellen die vorgegebenen Knöpfe und schon geht es weiter im Labyrinth. Selbst die Kämpfe erfordern nicht sehr viel mehr Geschick und auch bei den Begegnungen mit dem riesigen Stierwesen kommt es lediglich auf das richtige Timing an. Das raubt dem Spiel schon nach wenigen Spielminuten jegliche Spannung. Dass das Abenteuer dann auch schon nach 2-3 Stunden vorbei ist und Theseus auch technisch nicht überzeugen kann, ist nur das Tüpfelchen auf dem enttäuschenden i. Eigentlich schade, denn die düstere, bedrückende Atmosphäre des Labyrinths und das Aufeinandertreffen mit dem imposanten Minotaurus lassen zumindest ansatzweise erkennen, wie gut Theseus hätte werden können.

 

Gesamtwertung: 5.6

Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 8 | Handling: 4 | Spieldesign: 6 | Motivation: 4

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