Total War: WARHAMMER – Test

Ich möchte gar nicht wissen, wie oft die Entwickler von Creative Assembly in den vergangenen Jahren gefragt wurden, wann denn endlich ein neues Total War mit Zukunfts- oder Fantasy-Setting erscheinen wird. Selbst auf meinem Interview-Zettel anlässlich der Präsentation zu Empire stand diese Frage – stellen konnte ich diese aber nicht, weil mir ein Kollege zuvor gekommen ist. Die Standard Antwort war dabei immer „vielleicht irgendwann einmal“. Dieses „irgendwann“ hat sich aber nun endlich erledigt, denn das zehnte Spiel der Reihe ist der erste Teil, das in einer Fantasy-Welt angesiedelt ist. Und nicht irgendeiner, sondern im sehr populären Warhammer Universum.

Nach Ausflügen in das feudale Japan, die Antike, das Mittelalter sowie das Zeitalter des Kolonialismus, stellt Total War: WARHAMMER so etwas wie einen Neustart der Serie dar, wobei jedoch am grundlegenden Spielprinzip selbst nicht viel verändert wurde. Auf einer strategischen Weltkarte werden rundenweise Provinzen verwaltet und Truppen verschoben, während die Armeen feindlicher Fraktionen ihre militärischen Konflikte direkt in echtzeitbasierten Taktikschlachten austragen. Für Warhammer-Kenner gilt dabei: Die Strategie-Karte umfasst die komplette Alte Welt zur Zeit der 8. Edition des Regelwerks, vor End Times und beginnt im Jahr 2502 (in der Warhammer-Zeitrechnung). Für alle Anderen: Die Kampagnenkarte ist in insgesamt 52 Provinzen unterteilt und es gibt vier spielbarer Fraktionen. Der tapfere Karl Franz befehligt die Männer des Imperiums und ist darauf aus, die zerstrittenen Kurfürsten unter einem Banner zu vereinen. Die Grünhäute strömen zum Stamm des Grimgork Eisenpelz, der Hochkönig Thorgrim befiehlt seinen Zwergen ihre Wehrstätten in den Bergen zu verlassen und das Unrecht zu vergelten, das ihnen im Lauf der Jahrtausende angetan wurde und Manfred von Carstein der Vampirfürsten kommandiert seine Armeen verrotender Untoter durch das Land. Vorbesteller dürfen außerdem über die Chaoskrieger herrschen, die angeführt vom unbeugsamen Kriegsherren Archaon dem Ewig Auserwählten die Alte Welt in Schutt und Asche legen wollen.

Moscht se alle weg!

Der augenscheinlichste Unterschied zwischen Total War: WARHAMMER und seinen Vorgängern sind zunächst die verschiedenen Fraktionen. Differenzierten sich die historisch angelehnten Völker in Rome oder Medieval hauptsächlich durch ihre Waffen und Ausrüstungen, so unterscheiden sich die Warhammer-Rassen nicht nur optisch voneinander, sondern verfügen auch aufgrund ihrer verschiedenen Einheiten-Typen über sehr unterschiedliche, individuelle Stärken und Schwächen. So eignen sich die Zwerge sehr gut für Defensiv-Strategien, da sie einerseits über eine gute Panzerung, aber auch über sehr effektive Fernkämpfer verfügen. Dafür bewegen sich aufgrund ihrer kurzen Beine nur sehr langsam über das Schlachtfeld und haben deshalb gegen schnelle Einheiten wie Kavallerie wenig Überlebenschancen. Die Vampirfürsten können dagegen auf eine hohe Anzahl an Zaubern und Kampfmagie zurückgreifen, müssen dafür aber aufgrund fehlender Fernkämpfer den direkten Zweikampf suchen. Und Goblins sind zwar gute Kämpfer, haben dafür aber keinerlei fliegende Einheiten in ihren Reihen. Ja richtig gelesen, in Total War: WARHAMMER kommen erstmalig auch Fluggeräte wie die Gyrokopter, Pegasusritter und Flederbestien zum Einsatz. Das bringt eine zusätzliche taktische Note in die opulenten Schlachten. Viel mächtiger als die Unterstützung von oben ist der Gebrauch von Magie. Jeder Kommandant kann im Verlauf der Kamapgne mehrere Zaubersprüche lernen. Das reicht vom einfachen Flammengewitter, über Flüche zur Schwächung der Feinde bis hin zu Meteoriteneinschlag. Wie oft man solche Zaubersprüche einsetzen kann, hängt vom Wind der Magie ab, der mal stärker und mal schwächer weht und den Manavorrat des Magiers stetig wieder auffüllt. Trotz aller Neuerungen mussten auch einige Abstriche gemacht werden. So können eure Truppen nun keine Formationen mehr bilden und auch bei Belagerungsschlachten konzentriert sich das Gemetzel auf eine bestimmten Abschnitt der Stadt und kann somit nicht mehr von mehreren Seiten aus angegriffen werden. Diese Restriktionen sind aber durchaus verschmerzbar, weil sie durch die zahlreichen Neuerungen mehr als nur ausgeglichen werden.

Ein Krieg zieht herauf!

Viel gravierender sind die Einschnitte im Kampagnenmodus ausgefallen. In den ersten Spielstunden wird man zunächst dank zahlreicher geskripteter Missionen durch die Geschichte geführt.  Die dreht sich vor allem um die der Chaosfraktion und ihrem Feldzug aus dem Norden, bei dem diese alles vernichtet, was sich ihnen in den Weg stellt.  Im späteren Spielverlauf können wir dann immer mehr Entscheidungen selber treffen und so das Schicksal der Alten Welt bestimmen. Die Provinzverwaltung wurde stark vereinfacht, in manchen Bereichen schon etwas zu viel. Es gibt pro Fraktion nur mehr eine Ressource, die Faktoren Hygiene, Nahrung oder Religion spielen gar keine Rolle mehr und auch der wirtschaftliche Aspekt wurde stark simplifiziert. Grundsätzlich dienen die einzelnen Städte nur mehr dafür, neue Einheiten zu rekrutieren. Dafür wurde der Rollenspielanteil beträchtlich ausgebaut. Zu Beginn einer Kampagne dürfen wir einen von zwei legendären Helden als Fraktionsführer auswählen. Im Lauf der Geschichte gewinnen wir immer mehr an Erfahrung und können damit im Fertigkeitsbaum unterschiedliche Spezialfähigkeiten freischalten. Außerdem kann der Kommandant mit erbeuteten Ausrüstungsgegenständen ausgestattet werden, die ihm dann verschiedenste Boni verleihen. Der Anführer wird damit zu einem eurem wichtigsten Krieger, der in der Schlacht zwischen Sieg und Niederlage entscheiden kann. Sollte er im Kampf fallen, ist das zwar unerfreulich aber nicht weiter tragisch, denn er ist nicht tot, sondern kuriert nur seine Verletzungen aus und steht wenige Runden später erneut zur Rekrutierung bereit, inklusive mit zuvor gesammelter Erfahrung.

Keine zwergenhafte Technik

Technisch punktet Total War: WARHAMMER vor allem mit den fabelhaft inszenierten Echtzeit-Gefechten. Solche spektakuläre Fantasy Schlachten hat man in einem Spiel noch nie gesehen und spätestens wenn gigantische Spinnen, Knochendrachen oder die Varghulf-Riesenfledermaus das Schlachtfeld betreten, muss man unweigerlich kurz die Pause-Taste drücken, um sich das Ganze aus nächster Nähe anzusehen. Mittendrin statt nur dabei, ist hier nicht nur eine abgedroschene Floskel, sondern beschreibt das Spielgefühl sehr gut. Wobei man anmerken muss, dass die tolle Schlachtatmosphäre einerseits von der sehr guten akustischen Untermalung, aber vor allem vom abwechslungsreichem Einheiten-Design und den detaillierten Animationen der Kämpfer lebt, denn abseits davon gibt es kaum etwas zu bestaunen. Die durchwegs graubraunen Landschaften mit ihren kargen Texturen und die kargen Gebäude können da leider nicht mithalten. Diese Abstriche kommen aber vor allem der Performance zugute. Mit einer Geforce GTX 760 Grafikkarte musste ich jedoch die Details ziemlich weit runterdrehen, da die Schlachten sonst zu einer Ruckelpartie ausarteten und ein flüssiges spielen nicht möglich war. Deshalb würde ich für den uneingeschränkten Spielgenuss dann doch eher mindestens eine GTX 960 mit 4MB RAM oder Gleichwertiges empfehlen. Entwarnung kann ich außerdem bezüglich der oft gescholtenen künstlichen Intelligenz geben: Richtig gravierende Aussetzer hab ich keine bemerkt. Vor allem in den Taktik-Schlachten hat mich die KI des Öfteren ins Schwitzen gebracht. Im zehnten Anlauf scheint es Creative Assembly somit endlich geschafft zu haben, den größten Kritikpunkt der Spielreihe endlich auszumerzen.

FAZIT

Für mich persönlich war bereits bei Shogun 2 die Luft draußen. Phrasen wie „Zurück zu den Wurzeln“ oder „Reduktion auf das Wesentliche“ sagt man nur, wenn einem nichts Neues mehr einfällt. Sorry Creative Assembly. Dementsprechend waren meine persönlichen Hoffnungen auf den Neustart der Spielreihe mit Total War: WARHAMMER sehr hoch. Vielleicht etwas zu hoch. Keine Frage, die sehr unterschiedlichen Fraktionen mit den vielfältigen Fantasy-Einheiten heben die Echtzeitschlachten auf ein neues Level – vor allem auch deswegen weil sich die KI Aussetzer in Grenzen halten und die taktischen Gefechte dadurch meist sehr anspruchsvoll sind, aber der abgespeckte Kampagnenmodus ist für mich eine herbe Enttäuschung. Dabei verlange ich gar nicht die Komplexität eines Spieles aus dem Hause Paradox Interactive oder den Umfang eines Might & Magic: Heroes, aber für mich ist die Total War Reihe immer die Kombination aus zwei genialen Spielelementen und bei Total War: WARHAMMER fehlen mir einfach die strategischen Entscheidungsmöglichkeiten. Aber trotz der Kritik kann Creative Assemblys Einstieg in das Warhammer-Universum als durchwegs gelungen bezeichnet werden, auch wenn für die beiden bereits angekündigten Nachfolger noch genügend Optimierungspotenzial vorhanden ist.

 

Gesamtwertung: 8.4

Einzelwertungen: Grafik: 10 | Sound: 10 | Handling: 8 | Spieldesign: 8 | Motivation: 6

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