Uncharted 4 – Test

Einzelnen Studios bei ihrer Entwicklung über die Jahre zusehen zu können, ist ein seltenes Vergnügen geworden. Viel zu oft werden Teams zerschlagen, lösen sich aus eigenem Antrieb auf, werden gekauft, geschluckt oder zerrieben. Doch es gibt sie noch: Die Teams, die über Jahre hinweg zumindest teilweise beisammen bleiben. Die über Generationen an Konsolen immer wieder versuchen ihr Ding durchzuziehen – nur eben noch besser als zuvor. Naughty Dog ist so ein Studio … und Uncharted 4 ihr Meisterwerk.

Seit über 30 Jahren macht Naughty Dog mittlerweile Spiele – eine Weile noch recht unbemerkt, doch spätestens seit Crash Bandicoot gehören die Amerikaner zur Creme de la Creme der Games-Entwicklung, vor allem im Bereich Jump’n’Run. Wobei sie dabei immer einen recht Innovations-trächtigen Entwicklungsansatz hatten. Entgegen klassischer Studios wie etwa Nintendo, die vom Sidescroller bis heute nicht abgewichen sind, hat Naughty Dog das Konzept stets weiterentwickelt. Auch wenn das bedeutet, dass es irgendwie schwer ist Uncharted 4 (um das es hier nun bald wirklich gehen wird, versprochen) noch als Jump’n’Run zu sehen denn als Action-Titel. Doch in seinem Kern steckt in dem Bombast-Titel immer noch eine nicht zu vernachlässigende Prise Crash Bandicoot: Sympathischer, cooler Held, abgefahrenes Gameplay, tolle Grafik. Nur eben nicht mehr „Anno 1996“, sondern eben „2016“. Das Konzept ist erwachsen geworden – ebenso wie die Spieler (oder zumindest ich … mehr oder weniger) und auch die Entwickler.

Und in keinem der Uncharted-Teile ist das so klar wie im letzten. Vielleicht war es die Erfahrung aus Last of Us, doch in noch keinem Uncharted-Teil zuvor wirkte die Story durchdachter, sinnvoller und „runder“. Ein kurzer Abriss (für alle, die aus irgendwelchen Gründen noch keine Ahnung haben): Nathan Drake hat sich nach den letzten Abenteuern in Teil 3 quasi zur Ruhe gesetzt, arbeitet nun in einem ehrlichen Job als Wrack-Taucher. Dass dabei wenig ruhmreiche oder gar interessante „Schätze“ auf ihn warten, ist klar. Die gut kommunizierte Zerrissenheit zwischen Abenteuerlust und dem Drang nach einem normalen Leben mit seiner „nun Frau“ wird allerdings schwer durcheinander gebracht, als sein tot geglaubter, großer Bruder auftaucht. Ohne dabei zu sehr ins Detail gehen zu wollen sei gesagt: Sowohl das Intro des Bruders, sein vermeintliches Ableben, aber auch die wahre Geschichte samt Wiederauferstehung werden in-game und zum selbst spielen erzählt – und das sowohl interessant als auch richtig gut.

Was folgt ist jedenfalls nichts, was Uncharted-Veteranen nicht schon kennen würden: Die über viele Stationen führende Jagd nach einem großen Schatz. Ebenfalls wenig überraschend: Man jagt diesem natürlich nicht alleine hinterher, sondern hat Kontrahenten … schießwütige welche. Es darf also wie gewohnt nicht bloß durch beeindruckende Szenerien geklettert und gesprungen, sondern auch eine Menge geballert werden … oder geschlichen. Wie ebenfalls für die Serie typisch geht nämlich beides – auch wenn einem das Spiel auf unterschwellige, aber zumindest bei mir sehr wirksame Art und Weise stets näher legt, dass Schleichen die bessere Spielweise ist. So sind hohe Gräser, in denen man sich verstecken kann, beispielsweise oft „verdächtig“ genau an den Patrouillenrouten der KI-Schergen positioniert. Aus diesen heraus lassen sich die bösen Buben sodann per einfachem Knopfdruck ausschalten. Ebenso übrigens wenn man quasi unter ihnen an einer Kante entlangklettert oder sich gerade mit dem Rücken an eine Wand gedrückt hat, an deren Ecke die Herren vorbei marschieren würden. Wird man dann doch einmal erspäht, darf aber freilich nach wie vor auch für maximal hohen Bleigehalt in der Luft gesorgt werden. Die Steuerung ist dabei in ihren Grundzügen immer noch die gleiche wie in Teil 1, wurde aber über die einzelnen Teile hinweg immer weiter verfeinert und geht – vermutlich auch wegen der mittlerweile angesammelten Gewohnheit – erstklassig von der Hand. In Deckung hechten, zielen (neuerdings auf Wunsch auch mit sehr starkem Autoaim), abdrücken … oder in der Not auch einfach einmal blind schießen – auch während man läuft.

Das alles sieht im Falle von Nates Bewegungen übrigens hervorragend aus. Schon in Teil 1 war ich erstaunlich begeistert davon, dass Mister Drake beim Vorbeigehen an einer Wand ab und an seine Hand darauf legt … nun wurden diese Animationen noch einmal aufs nächste Level gehoben. Das trifft übrigens auch auf das in der Serie ja immer schon wichtige Klettern zu, das nun um einiges realistischer wirkt, ohne dabei weniger einfach zu sein. Ich sagen nun aber freilich nicht, dass Nathans Bewegungen immer wirklich perfekt natürlich aussehen, aber ich traue mich dennoch zu behaupten, dass sich kein anderer Action-Held aktuell so „organisch“ durch die Welt bewegt wie Nathan Drake.

Außerdem traue ich mich darüber hinaus zu sagen, dass auch keiner so gut aussieht. Uncharted 4 ist ohne jeden Zweifel im Moment DAS Spiel, wenn man Bekannten zeigen will, wie weit Spielegrafik aktuell gekommen ist. Vor allem in den Zwischensequenzen wissen im Grunde alle Hauptcharaktere mit einer Unmenge an Details und vor allem auch glaubwürdiger Mimik zu überzeugen. Doch auch die Spielwelt kann sich sehen lassen. Was die hauseigene Engine ohne Namen hier aus der kleinen PS4 zu kitzeln vermag, ist schlicht umwerfend: Volumetrisches Licht, sanfte Schatten, globale Beleuchtung, glaubwürdige Physikberechnungen, 3D-Texturen mit hoher Schärfe und vielen Details … und das alles bei im Grunde jederzeit flüssigen Framerates. Auch die KI weiß zu gefallen – gerade in späteren, weitläufigen Abschnitten rücken sie geschickt vor, decken euch taktisch klug mit Granaten ein und weichen auch mal zurück, wenn es die Situation erfordert.

Aber auch das kennt man ja schon. Wirklich neu hingegen ist, dass Naughty Dog euch an einer Stelle im Spiel vollkommen frei mit einem Jeep durch ein riesiges, offenes Gebiet düsen lässt. Eine Situation, die auch etwas zäh geraten hätte können … nicht so bei Naughty Dog. Die beiden Mitfahrer reagieren mit Kommentaren immer wieder glaubhaft und passend auf euren Fahrstil und immer wieder mal laden Ruinen dazu ein, von euch erforscht zu werden um eventuell noch das eine oder andere Bonus-Schätzchen zu finden … was ebenfalls jederzeit witzig kommentiert wird.

Ach ja: „Witzig“! Gutes Stichwort: Dass die Uncharted-Serie sich schon immer etwaige Vergleiche mit der Indiana Jones-Reihe gefallen lassen musste, kommt nicht von ungefähr. Wie auch in den Lucas-Filmen wird nämlich bei all der ernsten „Archäologie“ und den Schießerein nicht mit einer gewissen Prise Humor gespart. So entlocken auch so manche Kommentare, aber auch Situationen dem Spieler in Uncharted 4 immer wieder mal den einen oder anderen Schmunzler. Oder auch auch echten Lacher … das war zumindest bei mir der Fall, als ich mitten im Spiel eine Reise in die Gaming-Vergangenheit machen durfte. Aber das ist eine andere Geschichte.

Zurück zum Spiel: Die Story selbst hält geübte Spieler für mindestens 15 Stunden beschäftigt … sofern man einfach nur durch alle Levels des Spiels schnurstracks durch sprintet zumindest. Mit ein wenig mehr Entdeckungsdrang sind 20 Stunden reine Spielzeit für die Story weit realistischer. Und hat man dann immer noch nicht genug, wartet immer noch der Multiplayer, der mit einem eigenen Level-System und zahlreichen Maps für viele weitere Stunden Spielspaß sorgen kann.

FAZIT

Das Verdikt zu Uncharted 4 fällt mir relativ leicht. Ich würde schlichteg jedem mit einer PS4 und einem Hauch eines Faibles für Action-Games dringend raten, sich das Game zuzulegen. Die Technik ist der Hammer, das Gameplay solide und spaßig, der Umfang adäquat und auch der Multiplayer macht Laune. Und damit ist eigentlich alles gesagt: Uncharted 4 ist ein mehr als würdiger Abschluss für die Serie.

Gesamtwertung: 9.6

Einzelwertungen: Grafik: 10 | Sound: 10 | Handling: 10 | Spieldesign: 10 | Motivation: 8

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