Unravel Two im Test

Eine der wenigen Überraschung der diesjährigen E3: Drei Jahre nach der 2015er Indie-Überraschung veröffentlicht EA’s Mini-Studio Coldwood den zweiten Teil des Platformers Unravel. Und das Spiel ist sofort verfügbar! Diesmal schicken die schwedischen Entwickler gleich zwei Yarnies auf Erkundungstour durch die große, weite Welt. Doch bringen zwei Spielfiguren auch den doppelten Spielspaß? Wir haben das Game für euch unter die Lupe genommen und verraten euch in unserem Test alles Wissenswerte über das neue Woll-Abenteuer.

Seemanns-Garn

Das Spiel beginnt mit unserem Wollmännchen Yarnie in einem zuckersüßen kleinen Schiff. Leider tobt rundum ein heftiger Sturm und so erleidet der kleine rote Wicht alsbald Schiffbruch. Glücklicherweise wird er jedoch an Land gespült – unmittelbar neben einem Koffer mit einem blauen Yarnie. Na, wenn das mal kein praktischer Zufall ist! Eine Art selbstbestimmte Sternschnuppe erscheint und vereint die losen Enden der beiden Yarnies, die somit untrennbar miteinander verbunden sind. Und schon kann die Reise losgehen! Ohne ein klares Ziel ziehen die beiden also gemeinsam los und müssen auf ihrer Reise allerlei Widrigkeiten überwinden, die einer ca.15-Zentimeter-Figur in einer realen Umgebung so unterkommen. Neben Regenwasserlachen und offenen Stromleitungen gehört zu diesen Hindernissen auch ein wild gewordener Auerhahn oder eine Spielplatz-Wippe.

Wie praktisch, dass ihr genau neben diesem alten, von einem Yarnie bewohnten Koffer angeschwemmt werdet!

Einsam und Gemeinsam

Viele der aus Unravel bekannten Mechaniken tauchen in Teil zwei auch wieder auf. Weiterhin könnt ihr eure Fäden an bestimmten Stellen festknoten und so „Brücken“ zwischen zwei Punkten schaffen. Über diese könnt ihr auch Hilfsmittel schieben, die es euch dann ermöglichen, höher gelegene Orte zu erreichen. Die bekannten Mechaniken werden aber durch die Neuerungen wunderbar bereichert. Unravel Two nutzt den neuen, blauen Protagonisten sehr geschickt und peppt das Spielgefühl deutlich auf. So kann diesmal ein Mitspieler Kontrolle über den zweiten Yarnie übernehmen und euch helfen, Abgründe oder knifflige Passagen zu überwinden. Der Coop-Modus erfordert gute Abstimmung zwischen den beiden Spielern, um unbeschadet ans Ziel zu kommen. Er bietet euch aber auch ein erhebendes Gefühl, tatsächlich gemeinsam ein Hindernis überwunden zu haben.

Ihr habt aber auch die Möglichkeit, als Einzelspieler Kontrolle über beide Yarnies zu übernehmen. Je nach Situation könnt ihr dabei wahlweise beide auf einmal spielen oder separat nutzen. Die beiden Yarnies können einander aber auch „tragen“, somit spielt ihr beide als eine Figur. Wie in Teil eins könnt ihr eure Garnschnur an bestimmten Punkten festmachen und euch so über Abgründe schwingen. Neu ist aber, dass ihr euch auch direkt an der Verbindungsschnur abseilen, schwingen und so Hindernisse überwinden könnt, die andernfalls unüberwindbar wären. Noch besser kommt das Prinzip aber zur Geltung, wenn die zweite Figur nicht einfach stehen bleibt, sondern sich ebenfalls bewegen muss, um beispielsweise den Weg durch ein „Labyrinth“ zu ermöglichen. Auch beim erwähnten Auerhahn muss eine Figur das Tier ablenken, während die andere sich an ihm vorbei stiehlt, um dann Rollen zu tauschen. Durch das Tragen ist es aber nicht nötig, jede Passage mit beiden Figuren einzeln zu spielen. Das ist auch im Coop möglich und manchmal sogar notwendig. Während ihr im Erstling Rätsel oftmals mithilfe lebloser Gegenstände lösen musstet, bietet Teil zwei also neue Möglichkeiten, um Hindernisse zu zweit zu überwinden.

Viele Hindernisse lassen sich nur mit vereinten Kräften überwinden.

Mehr von (fast) allem

Unravel Two bietet im Vergleich zu Teil eins einen erhöhten Fokus auf Platforming und mehr Puzzles. Es ist nun also deutlich mehr Geschick und etwas mehr Köpfchen nötig, um erfolgreich durch das Spiel zu kommen. Der einzige Aspekt, der darunter (ein bisschen) leidet ist die Story. Wie schon eingangs angedeutet, ist das Ziel der beiden Garnmännchen unklar und es wird auch in keinster Weise erklärt, warum die beiden überhaupt „verwoben“ werden. Dafür folgen die zwei einer, über die Hintergründe erzählten Story, die vieles der eigenen Interpretation überlässt. Schemenhafte Figuren bewegen sich durch manche Punkte der Spielwelt und verändern diese an bestimmten Stellen, sodass Passagen erst überwindbar sind, wenn zum Beispiel eine dieser Figuren eine Tür geöffnet oder die Umgebung anderweitig beeinflusst hat. Meine Interpretation dieser Geschichte wäre ein Geschwisterpaar, das von zuhause (oder einem Heim?) ausreißt – aber einen Anspruch auf absolute Wahrheit kann hier wohl kaum jemand stellen. Dennoch sorgt diese (im wahrsten Wortsinne) „Background-Story“ für emotionale Momente und fügt sich schön in das Spiel ein.

Hier spielt sich schemenhaft eine Hintergrund-Story ab

Woll-fühl Spiel

Grafisch ist Unravel Two auf Augenhöhe mit seinem Vorgänger. Die Spielumgebung wirkt annähernd fotorealistisch, die Figuren sind nett gestaltet (und lassen sich diesmal auch anpassen). Die Musikuntermalung ist dezent und stimmig, ohne sich in den Vordergrund zu spielen. Der Umfang dürfte sich ebenfalls kaum von Teil eins unterscheiden, wobei ein klarer Vergleich jedoch schwierig ist. Unravel Two ist in sieben Hauptlevel gegliedert, die allesamt recht groß sind und gut und gerne mal 20 Minuten und mehr in Anspruch nehmen. Zusätzlich gibt es mit dem Leuchtturm eine „Oberwelt“, von der aus ihr nach Beendigung der Hauptkampagne auch eine Vielzahl an (teilweise sehr knackigen) Bonuslevels betreten könnt. Trophäenjägern sei aber zur Vorsicht geraten: fast alle Silber- sowie alle Goldtrophäen können nur erspielt werden, indem ihr die Levels durchspielt ohne Schaden zu nehmen und innerhalb eines engen Zeitlimits bleibt. Diese Entscheidung ist für mich nicht nachvollziehbar, ist dies doch quasi nur dann zu schaffen, wenn ihr die Levels alle bereits auswendig könnt und dazu noch Glück habt. Ob die Langzeitmotivation groß genug ist, sich das anzutun, muss wohl jeder selbst entscheiden. Mir persönlich wäre lieber gewesen, die Entwickler hätten hier mehr Fokus auf die Exploration gelegt – das hätte deutlich besser zum Spiel gepasst.

FAZIT

Mit Teil zwei des sympathisch-melancholischen Puzzle-Plattformers machen die schwedischen Entwickler von Coldwood Interactive vieles richtig. Der Co-Op funktioniert sehr schön und auch als Einzelspieler machen die Doppel-Protagonisten eine Menge Spaß. Obwohl nicht alles grundlegend neu ist, oder verbessert wurde, ist es gelungen, die besten Aspekte des bereits sehr soliden Originals zu übernehmen und darauf aufzubauen. Unravel Two erfindet also das Rad nicht neu, aber es ist ein wirklich unterhaltsames, sympathisches Spiel mit Herz und tut gut, wenn mal Abschalten von Ballern & Co. angesagt ist. Für Fans von Puzzles und Jump’n’Runs ist Unravel Two jedenfalls absolut uneingeschränkt empfehlenswert!

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Was ist Unravel Two? Puzzle-Plattformer mit photorealistischen Hintergründen und herzigen Woll-Protagonisten
Plattformen: PS4, XBOX ONE, PC (Steam)
Getestet: PS4
Entwickler / Publisher: Coldwood Interactive/EA
Release: Juni 2018
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Gesamtwertung: 8.0

Einzelwertungen: Grafik: 8 | Sound: 8 | Handling: 8 | Spieldesign: 10 | Motivation: 6

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