Schon vor einigen Jahrhunderten träumten Visionäre und Physiker von der Idee, ein Bild nicht nur zweidimensional und von außen zu betrachten, sondern in eine dreidimensionale virtuelle Welt einzutauchen.
Von den ersten Panoramabildern Ende des 18. Jahrhunderts und dem Stereoskop als erste „VR-Box“, die Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt wurde, über viele gescheiterte Ideen augmentierte Realität in die Unterhaltungsindustrie einzuführen, kam es seit 2016 zum technologischen Durchbruch, mit VR-Brillen von allen großen Konsolenherstellern und dem Aufkommen der virtuellen Welt Metaverse, die sogar zur Umbenennung von Facebook zu Meta führte.
Der Begriff „Virtuelle Realität“ wird auf unterschiedliche Weise definiert, grundsätzlich handelt es sich um eine „computergenerierte, interaktive, virtuelle Umgebung“, in der die Wirklichkeit mit Bild (3D) und auch Ton abgebildet wird. Sie umgibt den Nutzer komplett und blendet dabei die physische Realität aus. Wie immersiv das Erlebnis tatsächlich ist, und was in dieser virtuellen Umgebung möglich ist, änderte sich in den vergangenen zehn Jahren jedoch komplett, mit der Entwicklung kompletter Welten, in denen man heute sogar Immobilien und Autos kaufen, zum Blackjack ins virtuelle Casino gehen oder das Eigenheim mit echter Kunst schmücken kann, die man als Unikat per NFT erwirbt.
Der Beginn von VR geht bereits auf das Panoramatheater aus dem Jahr 1788 zurück, entwickelt vom irischen Maler Robert Baker, der Landschaften und Städte auf große Leinwände zeichnete, die dann zylindrisch aufgestellt wurden. Die Besucher des Theaters standen auf einer beweglichen Plattform und hatten so den Eindruck sich im Bild zu befinden. 1838 nahm diese Entwicklung einen weiteren Schritt, mit der Erfindung des Stereoskops, das 1849 zu einem Unterhaltungsmedium wurde: Wer es sich leisten konnte, schaffte sich die Box aus Holz an, die Objekte räumlich darstellen konnte, basierend auf der neurologischen Erkenntnis, dass das Auge diese dreidimensional wahrnimmt, wenn sie von beiden Augen in einem leicht versetzten Blickwinkel betrachtet werden.
Wenngleich technologisch lange nicht mehr möglich war, verlor das Thema nicht an seiner Faszination und wurde zum Stoff von Science-Fiction Romanen und Filmen. Die Kurzgeschichte „Pygmalion’s Spectacles“ von Stanley Weinbaum erschien 1935 und stellte zum ersten Mal eine VR-Brille vor, 1956 entwickelte der Kinematograph Morton Heilig die Sensorama Maschine – eine Kabine, in der bis zu vier Personen Kino mit allen Sinnen erleben konnten – samt vibrierender Stühle, Gerüchen und atmosphärischen Effekten.
Die Idee einer computer-generierten, virtuellen Realität kam zuerst im berühmten Roman Neuromancer aus dem Jahr 1984 auf, in dem Autor William Gibson auch den Begriff „Cyberspace“ einführte – damals eine utopische Vorstellung, die jedoch schon wenige Jahre später Realität wurde: Thomas Furness, der seit Jahren an Flugsimulatoren arbeitete, entwickelte 1986 ein virtuelles Erlebnis für Piloten, das auf den Daten von Sensoren in Flugzeugen basierte und ein wirklichkeitsnahes Erlebnis während Simulationsflügen erlaubte.
Nach diversen gescheiterten Versuchen in den 90er Jahren, unter anderem von Nintendo mit der Entwicklung des „Virtual Boy“ VR in der Unterhaltungsindustrie zu etablieren, kam es zum ersten wirklichen Durchbruch erst rund 15 Jahre später: 2012 erschien der erste Prototyp des Oculus Rift, 2015 kamen sowohl Google Cardboard wie auch Samsung Gear VR auf den Markt, die beide, mit dem Smartphone gekoppelt, VR-Erlebnisse schafften, sich jedoch ebenfalls nicht auf dem Markt etablieren konnten und bald eingestellt wurden.
Einen visionären Schachzug machte 2014 kein anderer als Mark Zuckerberg, der damals für zwei Milliarden US-Dollar Oculus kaufte, noch bevor jemals eine Brille im Haus entwickelt wurde. Sogar der Gründer von Oculus Palmer Luckey bezweifelte seinerzeit noch die Zukunft von VR und stieg 2017 aus dem Unternehmen aus, 2016 entwickelten jedoch bereits zahllose Unternehmen VR-Brillen. Im Frühjahr brachten Facebook und Oculus gemeinsam den Rift auf den Markt, 2018 kam mit Oculus Go die erste Brille heraus, die unabhängig von PC und Smartphone betrieben werden konnte. 2019 galt als großes Jahr der VR-Entwicklung, Oculus verkaufte sich vielerorts aus und generierte in Nu fünf Millionen Dollar Umsatz durch den Verkauf von Content. Playstation brachte sein erstes VR-Headset im gleichen Jahr heraus, es dauerte jedoch damals acht Monate, bis eine Million Brillen verkauft wurden.
Richtungsweisend war 2020 das Erscheinen des Oculus Quest, ein voller Erfolg, der Facebook zu weiterem Investieren in den VR-Bereich animierte, während die VR-Brille Vive Cosmos von HTC eher Kritik einfing und zur Schlappe wurde. 2021 legte Facebook mit der Meta Quest 2 nach und investierte, nun unter dem Namen Meta, rund 10 Milliarden Dollar in die Entwicklung von Facebook Reality Labs – verantwortlich für die Entwicklung von Metaverse, VR- und AR-Software sowie Content. Vor kurzem erschien mit der Mixed-Reality Brille Meta Quest 3 das neueste Produkt von Meta. Facebook verlor in den vergangenen Jahren an Popularität, vor allem bei den jüngeren Nutzern, und das Metaverse soll hier einen wichtigen Gegentrend setzen, bis 2030 eine Milliarde User heranlocken und mittels dort gehandelter Produkte, Anwendungen und Apps mehrere Milliarden US-Dollar Profit generieren.
Auch Apple steigt 2023 mit dem Apple Vision Pro in den VR-Markt ein, wie das Unternehmen im Juni ankündigte, wobei diese Brille mit einem Kostenpunkt von knapp 3.500 US-Dollar preislich im exklusiven Bereich liegt und sowohl VR- wie auch AR-Bereiche abbilden soll.