Warhammer: Vermintide 2 im Test

Ab jetzt gibt’s wieder Ratatouille. Mit dem Release von Warhammer: Vermintide 2 erlebt die Ungezieferbekämpfung erneut eine Hochkonjunktur. Im bekannten Warhammer-Universum hack-n-slayen sich bis zu vier Spieler kooperativ durch verschiedene Szenarien. Neben einem Wiedersehen mit den namhaften Charakteren kommen nun auch Talentbäume und einzigartige Fähigkeiten hinzu. Doch nicht alles kann eitel Wonne sein, wenn einem permanent gepanzerte Ratten im Genick sitzen. Und darauf einprügeln.

Die Rattenfänger von Helmgart

Im ersten Teil der Reihe mussten sich unsere Helden größtenteils nur mit wild gewordenem Rattengezücht herumschlagen. War dies schon schlimm genug, haben sie mit den Kriegern des Chaos nun vielfältige Verbündete in (zumindest für Nagetiere) Übergröße gewinnen können. Doch wer wird denn gleich das sinkende Schiff verlassen, immerhin konnten sich die Hauptakteure im gleichen Maße einige Upgrades zulegen. Neben den passiven Fähigkeiten der Talentbäume, in die wir alle fünf Stufen einen Punkt investieren können, wird auf den Heldenstufen sieben und zwölf nun eine zusätzliche Sub-Klasse freigeschalten, die eine neue Hauptfähigkeit und zusätzliche Änderungen mit sich bringt.

Markus Kruber, der Söldner aus Teil eins, kann zuerst als Jäger und später als Fußsoldat gespielt werden. In ersterer Version erleiden seine Fernkampfwaffen bei Schüssen auf größere Distanz keine Schadenseinbußen mehr, in zweiterer wird er zu einem klassischen Tank, der den größten Teil des Schadens fernhalten soll. Die Zauberin indes erhält zuerst einen Schadenszuwachs für ihre vernichtenden, pyromanischen Fähigkeiten, und kann später sogar als Kampfmagierin aus nächster Nähe kräftig austeilen. Diese Designentscheidungen fühlen sich durchwegs begrüßenswert an und animieren dazu, für alle Protagonisten alle Fähigkeiten freizuschalten, um die jeweils spaßigste für sich selbst zu finden. Dies birgt allerdings nicht nur Vorteile. Denn wer von Anfang an mit Schwert und Schild ins Land ziehen will hat beispielsweise Pech. Zuerst muss die passende Ausrüstung erst mal in den Belohnungskisten gefunden werden. Und selbst danach liegt man ohne die passenden Upgrades, Schild hin oder her, relativ schnell im Dreck. Nicht zuletzt, weil sich der Anfang in Warhammer: Vermintide 2 selbst für Veteranen bockschwer gestaltet.

Mehr Sammeln mehr Belohnung

Rasende Ratten

Die Kampfkraft definiert sich nämlich vor allem über das neue „Macht“ – Attribut. Jeder Gegenstand verfügt über einen gewissen „Macht“-Wert, welcher unter anderem Einfluss auf den Schaden und die Durchschlagskraft unserer Hiebe nimmt. Somit sollte zu Beginn der Fokus auf der Steigerung dieses Attributs liegen, denn scheinbar ist selbst der niedrigste der vier Schwierigkeitsgrade auf einen Wert ausgerichtet, der erst nach den ersten Upgrades erreicht wird. Eine frische Gruppe muss daher meist eine Serie von Fehlschlägen und Misserfolgen hinnehmen, bis die ersten Ausrüstungsgegenstände eingetrudelt sind. Danach bereitet der Schwierigkeitsgrad „Rekrut“ nur mehr wenig Probleme. Zu Beginn bedeutet diese Design-Entscheidung jedoch oft Frust, denn die Belohnungen bei Niederlagen sind entsprechend winzig. Klar, wieso sollte Erfolgslosigkeit belohnt werden, dann sollte aber auch das Feintuning stimmen. Immerhin wird für jedes Erreichen der nächsten Heldenstufe eine Kiste spendiert, ansonsten hätten die Entwickler einen wunderbaren Teufelskreis der Frustration gebaut.

Auf höheren Schwierigkeitsgraden kommt es dann überwiegend auf Teamplay an. Je höher der Grat, desto verrückter können die Monster-Kombinationen werden, die gleichzeitig zum Angriff blasen. Wie im ersten Teil gilt es, zusätzlich zum nackten Überleben, so viele Folianten und Zauberbücher wie möglich für bessere Belohnungen ins Ziel zu bringen. Fündig werden nur die, die Karten ausgiebig erkunden und alle versteckten Ecken durchsuchen. Oft werden diese nur durch gefinkelte Sprung-Einlagen erreicht. Trotzdem hat der Zufall ein Wörtchen mitzuquieken. Im allerersten Match wurde die Gruppe des Autors bereits am vermeintlich einfachsten Schwierigkeitsgrad nach einer Minute (!) von einem übermächtigen Chaos-Ungetüm angegriffen und vernichtet. Drei Runden später wurde gerade mal ein läppischer Bossgegner im Spieldurchlauf gesichtet, der verhältnismäßig einfach zu töten war. Der Zufallsgenerator dürfte also eine ähnliche Rolle wie im Vorgänger spielen. Doch davon lebt natürlich unter anderem der Wiederspielwert. Einen besonders schwierigen Gegner-Spawn mit dem eigenen Team zu meistern verschafft einem nach wie vor ein überragend positives Gefühl. Ebenso wie das Reinpreschen in eine riesige Überzahl an Skaven. Sofern einem die speziellen, felligen Opponenten nicht vorher erfolgreich in Gift hüllen oder in einen tödlichen Vortex saugen.

Kurz vor Kotzen

Ein Rattenschwanz an Vielfalt

Die falsche Ratte zur falschen Zeit am falschen Ort reicht aus, um dem schon am Zahnfleisch dahin kriechenden, letzten Helden der Gruppe in den Rücken zu fallen. Fairerweise sollten aber auch der Ratten-Oger, den nur am Kopf verwundbaren Chaos-Krieger, die zwei Packmaster und der Ratling-Gunner mit der Gatling-Gun erwähnt werden, die erst zu dieser Situation geführt haben. Warhammer: Vermintide 2 bringt durch Gegnervielfalt mehr Variation ins Spiel und setzt so noch eins aufs gegnerische Kuriositätenkabinett drauf. Dies wird später zu einem zu berücksichtigenden Punkt im Endgame, denn diese Spezialgegner können eine Gruppe im Nu auslöschen. Somit sollte immer zumindest einer der Spieler darauf spezialisiert sein, die Biester schnell und zuverlässig über den Jordan zu schicken.

Wenn unser Verband nämlich parallel zu diesen individuellen Fieslingen von hunderten Ratten überrannt wird, ist allein die Übersicht bereits ein Problem. Hier geben die Entwickler von Fatshark aber ebenfalls Tools zur Hand, wie beispielsweise eine permanent einschaltbare Umrandung des eigenen Teams, oder die bekannte Vergrößerung des Sichtfelds. Der Twitch-Mode stellt abseits davon gleichwohl ein nettes Gimmick dar. In diesem können die Zuschauer einer Partie über gewisse Events abstimmen, die der Streamer dann ausbaden muss. Ob beispielsweise nun eine Beute(l)-Ratte auftauchen soll oder doch eine Horde mit Bossgegnern. Veteranen des Internets müssen hier nicht zweimal raten, welcher Fall denn nun wahrscheinlicher eintritt.

Ein schöner Anblick – kurz vor dem Tod

Die Ratte im Haus erspart den Zimmermann

Überflüssiges Beutegut wird wie schon im ersten Teil in der Schmiede in Kleinteile zerlegt. Aus dieser kann dann neue Ausrüstung oder Upgrades für bestehende Ausrüstungsteilen geschmiedet werden. Diese Objekte befinden sich aber in einem gewissen Stärke-Bereich, der in Abhängigkeit zum jeweiligen Heldenlevel steht. Dennoch leidet das System noch an Kinderkrankheiten, die im ersten Teil bereits behoben waren. Etwa, dass in höheren Schwierigkeitsgrade keine grünen Herstellungsmaterialien erbeutet werden und die Spieler somit gezwungen sind, mit hochstufigen Protagonisten niedrige Stufen zu spielen, um die notwendigen Materialien bekommen zu können. Warum Fatshark in diesem Bereich eine fragwürdige Qualität abliefert, obwohl sie im ersten Teil eine gute Balance gefunden haben, ist nicht erklärbar.

Die Qualität der Grafik hingegen ist on point und stellt eine wunderbare Weiterentwicklung zu Teil eins da. Das Universum wirkt viel stimmiger und sieht großartig aus. Egal ob unser Trupp durch riesige Weizenfeldern bei einer Mühle, die tiefste, dunkelste Mine oder ein giftig grünes Säurebecken an einem unterirdischen Altar streift. Selbst wenn einige wenige Fragmente dieser Szenerie aus dem Vorgänger wiederverwertet wurden, sieht Warhammer: Vermintide 2 auf den höchsten Grafikeinstellungen hervorragend aus. Diese dürften aber nur High-End-PCs ruckelfrei in annehmbarer FPS-Zahl darstellen können. Die Performance ist selbst auf schwächeren PCs dank der zahlreichen Optimierungsmöglichkeiten (insbesondere Licht/Schatten-Qualität) in Ordnung und spielbar.

Auch Ratten können kochen – uns

FAZIT: Mit Speck fängt man Ratten – oder deren Häscher

Warhammer: Vermintide 2 macht Spaß. In einer Nische, in der erschreckend wenig Titel existieren, ist Fatshark hier wieder ein guter Wurf gelungen. Der Moment, in dem sich unser furchtloser Krieger in eine Horde von heranstürmenden Feinden stürzt und mit einem einzigen Hieb wie die Axt im Walde die komplette erste Reihe der Ungeziefer fällt, fühlt sich einfach wunderbar an. Oder wenn unser Team die linke Flanke hält während wir uns mit Protagonist Kruber und Zwerg Bardin auf der rechten Seite behaupten müssen, und jeder falsche Block oder verfehlte Sprung den Untergang der Gruppe bedeuten kann. Unweigerlich keimen Erinnerungen an Helms Klamm und Herr der Ringe hoch, sind Ratten im Prinzip doch nur kleinere Orks.

Auf höheren Schwierigkeitsstufen funktionieren zufällig zusammengewürfelte Gruppen halbwegs akzeptabel, wobei natürlich mit Freunden mehr Spaß garantiert ist. Sofern sie das Crafting-System nochmals überarbeiten und die zeitweise auftretenden Bugs ausmerzen, bekommt man für sein Geld gute 70 Stunden Spielspaß geliefert. Sofern alle Helden auf die Maximalstufe gelevelt werden. Spieler mit niedrigem Frust-Level oder die es gewohnt sind, für Niederlagen trotzdem Belohnungen und Fortschritt zu erhalten, sollten sich vorher lieber ein paar Let’s Plays ansehen. Oder Freunde mitbringen, deren Beschimpfung einem genug Ablenkung bietet, bis die gescheiterte Mission erneut gestartet wurde.

Was ist Warhammer: Vermintide 2? Fortsetzung des First Person Hack-n-Slay Titels, beheimatet im Warhammer-Universum.
Plattformen: PC, Xbox One und PS4 angekündigt
Getestet: Version 1.0.3 auf PC Intel Core i5-4590, 8GB RAM, GeForce GTX 960
Entwickler / Publisher: Fatshark
Release: 8. März 2018
LinkOffizielle Webseite

Gesamtwertung: 7.6

Einzelwertungen: Grafik: 8 | Sound: 8 | Handling: 8 | Spieldesign: 6 | Motivation: 8

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