WARNO im Test

Der dritte Weltkrieg ist ausgebrochen – zum Glück aber zumindest bisher nur als Computerspiel. In WARNO bekämpfen sich Truppen des Warschauer Pakts und der NATO auf dem Gebiet Deutschlands im neuesten Echtzeitstrategiespiel von Eugen Systems.

Wir schreiben das Jahr 1989, Deutschland ist noch aufgeteilt in die Bundesrepublik und die DDR. Und genau zu diesem Zeitpunkt, an dem in der Realität der Kalte Krieg gerade so richtig zu Ende ging (und Deutschland wiedervereinigt wurde), schicken uns die französischen Entwickler von Eugen Systems in den (konventionellen) dritten Weltkrieg. In WARNO (Warning Order) bekämpfen sich NATO und Warschauer Pakt in schnellen Echtzeitgefechten. Es handelt sich dabei um einen Nachfolger „im Geiste“ der älteren Wargame und Steel Division Spiele vom selben Entwickler, der das Beste aus beiden Serien vereinen soll.

Verwüstung

Mein Bradley Panzer rast mit Vollgas auf sein Missionsziel zu – eine kleines Dorf am Rande eines Waldes. Wenn er da so neben dem großen Einkaufszentrum mit unzähligen privaten PKWs steht, bemerkt man ihn kaum. Die Grafik ist einfach umwerfend, ich habe noch nie ein Echtzeitstrategiespiel mit so vielen (zivilen) Details gesehen. Doch da kommt schon eine Panzerabwehrrakete knapp über der Erde herangeflogen. Und noch eine, wo kommen die denn alle her? Schnell zurücksetzen… zu spät. Eine grelle Explosion, mein Bradly ist ein Wrack.

Feindliche Infanterie hat sich in dem Wohnhaus 100m entfernt verschanzt, da hilft nur Beschuss mit dem Raketenwerfer. Anders kriege ich die da nicht heraus. Ich hoffe, die Bewohner*innen sind nicht mehr vor Ort. Grundsätzlich schauen die Schlachtfelder schon so aus, wie wenn die Zivilbevölkerung rechtzeitig evakuiert worden wäre – oder zumindest vor der herannahenden Schlacht geflohen ist. Türen sind offen, Fahrräder liegen auf der Straße, liegengebliebene Autos stehen am Straßenrand. Egal, das Wohnhaus liegt in Trümmern, aber die Russen haben dennoch einen weiteren strategischen Punkt eingenommen und die Runde schon wieder gewonnen. Sonderlich lange kann ich noch nicht mit dem Computergegner mithalten, obwohl ich die AI auf die einfachste von sechs (!) Schwierigkeitsstufen eingestellt habe.

Einheitenvielfalt

Mit Punkten, die man durch das Erobern von Positionen erhält, kann (und muss) während des Spieles Nachschub eingekauft werden. Dabei sind die Einheiten für jedes Land in folgende Kategorien aufgeteilt: Panzer (Kampfpanzer mit schwerer Panzerung und großen Kanonen, Jagdpanzer mit Lenkwaffen),  Infanterie, Artillerie (Haubitzen, Raketenwerfer, Mörser), Aufklärungseinheiten aller Art, Luftabwehr (von der Stinger bis zum Jagdhubschrauber), Nachschubfahrzeuge (LKW, Hubschrauber, Schützenpanzer) um Munition und Treibstoff an die Einheiten zu liefern, Hubschrauber und Jets. Es ist sinnvoll, sich ein „Deck“ mit seinen Lieblingseinheiten zusammenzustellen, das man dann in den Multiplayerschlachten verwendet.

Jedes Land (derzeit die USA und Sowjetunion, weitere sind aber fix eingeplant) verfügt über seine eigenen Einheiten, von unterschiedlichen Fußtruppen, leichten und schweren Panzern, Schützenpanzern und anderen Fahrzeugen zu Fliegerabwehrgeschützen und Raketen, Kanonen, Hubschraubern und Kampfjets. Ein gewisses Grundwissen über die Namen und die Einsatzzwecke der Kriegsgeräte ist von Nöten. Wer nicht weiß, was er (um bei einem einfachen Beispiel zu bleiben) mit seinem Abrams anstellen kann (oder womit er ihn bekämpfen kann), kann bei WARNO keinen Erfolg haben. Wer WARNO (halbwegs erfolgreich) spielen will, muss sich mit den Einheiten auskennen oder zumindest rasch kundig machen.

Die Vorgänger

WARNO ist nicht der erste Echtzeitstrategietitel von Eugen Systems. Schon mit R.U.S.E. haben die Franzosen 2010 einen absoluten Klassiker geschaffen, der aber leider von Ubisoft nicht längerfristig unterstützt wurde und schließlich auf Steam aus dem Verkauf genommen werden musste. Schade drum, ich habe viele Stunden darin versenkt. Die direkten Nachfolger waren dann die in der Nachkriegszeit spielenden Wargame: European Escalation (2012), Wargame: Airland Battle (2013), Wargame: Red Dragon (2014), sowie die während des zweiten Weltkriegs handelnden Steel Division: Normandy 44 (2017) und schließlich Steel Division 2 (2019). Daneben stammt auch der Command & Conquer Klone Act of War (2008) und das von den Spielern nicht so begeistert angenommene (aber durchaus ordentliche) Act of Agression (2015) von Eugen Systems.

Early Access

WARNO wurde als Early Access Spiel veröffentlicht. Das Spiel schaut bereits fantastisch aus und spielt sich gut – aber es fehlen noch viele Inhalte. Derzeit kann man bereits 2 Spielmodi genießen – einerseits Online Mehrspielergefechte (bis zu 4 gegen 4, es sind aktuell immer einige hundert Spieler*innen online) oder andererseits Gefechte mit/gegen die AI (wieder bis zu 4 gegen 4). Es stehen 4 Landkarten und ein Spielmodus (Capture the Flag) zur Verfügung. Das Tutorial, die Einzelspielerkampagne und die Spezialmissionen sind alle noch nicht implementiert (coming soon). Derzeit gibt es 60 amerikanische und 53 russische Einheiten – weitere Länder (DDR, BRD, Frankreich, UK) sind vorgesehen aber noch nicht inkludiert. Eugen Systems hat von rund 600 (!) verschiedenen Einheiten gesprochen. Ok, eine Haubitze der Volksarmee (DDR) ist auch schon spielbar. Auch weitere Landkarten und Spielmodi sind natürlich geplant, ebenso sprechen die Entwickler von gigantischen 10 gegen 10 Schlachten. Man wird sehen.

Die Entwickler planen, das Spiel in 6-8 Monaten aus dem Early Access zu entlassen, bis dahin sollen die fehlenden Features eingebaut sein. So wie bei den Vorgängern, sind jedoch auch danach noch weitere DLCs (gratis und kostenpflichtig) sowie Patches für einen längeren Zeitraum vorgesehen. Es steht natürlich in den Sternen, ob dies auch so passieren wird, allerdings stehen die Chancen dafür wohl gut. Eugen Systems hat auch seine letzten Spiele immer nach dem Release zumindest noch einige Zeit unterstützt – und nachdem sie ausschließlich Echtzeitstrategiespiele herausbringen, sollten sie wissen, was noch zu tun ist und können sie es außerdem sich nicht leisten, die Community gröber zu verärgern.

Die Konkurrenz

WARNO ist nicht das einzige Echtzeitstrategiespiel, das heuer erscheint. Thematisch sehr ähnlich dürfte Regiments von Bird’s Eye Games werden, das vom wiederbelebten Publisher MicroProse veröffentlicht werden wird. Auch Regiments spielt im Jahre 1989 in Deutschland und thematisiert einen Krieg zwischen den Russen und Amerikanern. Dann ist da noch das Echtzeit-Taktikspiel Broken Arrow von Steel Balalaika (Publisher Slitherine), in dem sich Russen und Amerikaner mit über 200 verschiedenen Einheitentypen bekämpfen dürfen. Slitherine hat übrigens erst im Herbst 2021 Combat Mission Cold War herausgebracht, das auch den Kampf zwischen NATO und Warschauer Pakt zum Inhalt hat. Und wer lieber im Zweiten Weltkrieg bleiben will, für den kommt heuer (hoffentlich) noch Company of Heroes 3 (Relic/SEGA) heraus. Das wird wahrlich ein gutes Jahr für Liebhaber der Echtzeitstrategie.

Zusammenfassung

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