In wenigen Tagen erscheint mit Story of Seasons: Friends of Mineral Town der neueste Ableger der Harvest Moon Spielreihe. Wenn ihr euch nun fragen solltet, wie das trotz der Namensungleichheit funktioniert, dann lest ruhig weiter, denn wir erklären euch, wie aus Harvest Moon Story of Seasons wurde und warum das gar nicht so unkompliziert ist…
Im Jahr 1996 erschien in Japan das Spiel Bokujō Monogatari (牧場物語, lit. Ranch Story) für das Super Nintendo Entertainment System. Der Spieler schlüpft dabei in die Rolle eines jungen Farmers Pete, der in der Abwesenheit seiner Eltern die Aufgabe übernimmt, einen Bauernhof in der Nähe einer kleinen Ortschaft wieder auf Vordermann zu bringen. Dafür hat er nun genau zweieinhalb Jahre Zeit, die er damit verbringt Gemüse anzupflanzen, Kühe und Hühner zu züchten und mit dem Verkauf Geld zu verdienen. Darüber hinaus kann er sich um Haustiere kümmern und sogar heiraten und bis zu zwei Kinder bekommen. Es gibt kein fest vorgeschriebenes Ziel, jedoch endet das Spiel mit der Rückkehr der Eltern. Dieses simple Grundprinzip einer einfachen Bauernhof-Simulation legte den Grundstein für eine sehr erfolgreiche Spielreihe, welche in der Zwischenzeit rund 27 Teile in der Hauptreihe und 14 verschiedene Spin-Offs umfasst.
Entwickelt wurde Bokujō Monogatari vom japanischen Studio Amccus unter dem Producer Yasuhiro Wada und vertrieben vom Publisher Pack-In-Video. Kurze Zeit später fusionierte dieses Unternehmen jedoch mit der Videospielsparte von Victor Entertainment und wurde in Victor Interactive Software umgetauft. Ein paar Jahre später, genau genommen im März 2003, gab der japanische Videospielentwickler, -verleger und Anime-Produzent. Marvelous bekannt, dass es eine 55%ige Beteiligung an diesem Software-Unternehmen erworben hatte und dieses mit sofortiger Wirkung in Marvelous Entertainment Inc. umbenannt wird. Diese Übernahme inkludierte die Rechte an allen Spielen der zuvor aufgezählten Firmen. Kurz gesagt, Marvelous gilt als Entwickler und Publisher der Bokujō Monogatari Spielreihe.
Ihr seid nun verwirrt? Dann lest ruhig weiter, denn es wird noch komplizierter!
East vs West
Bokujō Monogatari wurde 1997 in Nordamerika und 1998 in Europa veröffentlicht. Für die Lokalisierung war Natsume Inc. verantwortlich. Viele Elemente des Spiels wurden im Zuge der Anpassungen „verwestlicht“ und so auch der Name in Harvest Moon umgeändert. Diese Zusammenarbeit blieb auch 18 Jahre lang bestehen: Marvelous entwickelte die Spiele, Natsume passte diese an den westlichen Markt und war dort auch für den Vertrieb zuständig. Mitte der 2000er Jahre dehnte Marvelous seine Geschäftstätigkeiten auf den amerikanischen Markt aus und kündigte eine Partnerschaft mit Xseed Games an, einem amerikanischen Videospielunternehmen, welches von ehemaligen Mitgliedern von Square Enix USA gegründet wurde. Ziel war es gemeinsam Spiele in Nordamerika zu veröffentlichen. Im Jahr 2011 übernahm Marvelous auch diese Firma und aus XSeed Games wurde eine Tochtergesellschaft des japanischen Spieleunternehmens, welche für die Lokalisierung und Distribution im Westen zuständig ist. Seit dieser Zeit zieren alle Spiele des Unternehmens einheitlich das Marvelous-Logo.
Bei aller Geschäftstüchtigkeit verloren die Japaner jedoch die Namensrechte von Harvest Moon an den ehemaligen Publisher Natsume Inc. Bereits 2007 veröffentlichte das amerikanische Unternehmen mit Puzzle de Harvest Moon ein erstes Spin-Off der Spielreihe, aber erst sieben Jahre später erschien mit The Lost Valley der erste Teil der Haupt-Reihe, ganz ohne Beteiligung des ursprünglichen Entwicklerstudios. Das Spiel wurde sowohl von Kritikern als auch Spieler nicht sehr gut aufgenommen. Auch die Nachfolgetitel wie Light of Hope waren qualitativ nicht viel besser und das letztjährige Harvest Moon: Mad Dash markiert den vorläufigen Tiefpunkt der Spielreihe.
Da Natsume nun die Rechte am Namen Harvest Moon behielt, musste Marvelous die neueren Titel der Serie umtaufen. Während in Japan die Spielreihe weiterhin unter dem Namen Bokujō Monogatari veröfffentlicht wurde und 2014 mit Tsunagaru Shin Tenchi (To The New World) ein neuer Teil in den Handel kam, erschien das gleiche Spiel am westlichen Markt als Story of Seasons. Im Juli 2015 gab Xseed bekannt, dass das Spiel mit über 100.000 verkauften Einheiten in Nordamerika zu ihrem meistverkauften Spiel avancierte. Mit Trio of Towns erschien deshalb auch kurze Zeit später ein weiterer Ableger und mit Doraemon Story of Seasons sogar auch noch ein Crossover mit der japanischen Manga-Serie Doraemon.
Mit Story of Seasons: Friends of Mineral Town erscheint nun für Nintendo Switch am 10.7.2020 das Game Boy Advance 3D-Remake der Farming-Simulation Harvest Moon: Friends of Mineral Town von 2003.
FAZIT
Die Hobby-Historiker unter euch werden mir es hoffentlich verzeihen, dass ich in diesem Artikel ein paar Details weggelassen habe, aber wie ihr beim Lesen sicherlich bemerkt hat, sind solche Firmen-Geflechte oftmals sehr komplex und der Wechsel von Marken sowie Rechten dabei Daily-Business. Vor uns Spieler bleiben solche Konstrukte und Entwicklungen meist verborgen und viele assoziieren einen Titel mit einer ganzen Spielreihe, ganz egal welche Firma oder welcher Entwickler für einen einzelnen Teil davon verantwortlich ist. Harvest Moon ist hier ein ganz besonderes Beispiel und zeigt einmal mehr, dass ein Name alleine nicht ausreicht – es muss auch die Qualität des Produktes stimmen. Hier beweist Marvelous mit Story of Seasons das eindeutig bessere Händchen und nachdem wir bereits einige Tage spielen durften, sind wir auch sicher, dass Friends of Mineral Town diesen Trend fortsetzen wird. Mehr dazu gibt es nächste Woche in einem ausführlichen Test hier bei uns zu lesen.