Wolfenstein II: The New Colossus – ANGESPIELT

BJ Blazkowicz ist wieder da. Entwickler Machinegames schickt Terror Billy in die nächste Runde und lässt ihn erneut auf die Naz … Verzeihung: das Regime, los. Wir haben uns in eine ausgiebige Anspielsession geworfen und kommen mit frischen Front-Eindrücken zu der Erkenntnis: Wolfenstein: The New Order war gut, Wolfenstein 2: The New Collossus wird besser.

Der Ansatz bei der Entwicklung des neuen Wolfenstein-Titel von Entwickler Machinegames war einfach: Sie wollen die Serie neu beleben, ohne ihr untreu zu werden ihren eigenen Stempel aufdrücken und vor allem immer noch einen drauf legen. Da wundert es dann auch wenig, dass der zweite von drei geplanten Teilen im Vergleich zum Vorgänger noch in vielerlei Hinsicht einen drauf legt. Das merkt man schon im ersten Level, das quasi direkt an die Geschehnisse aus dem Vorgänger ansetzt. „Quasi“ deswegen, weil seit dem fünf Monate vergangen sind. Unser Held BJ Blazkowicz weiß davon aber erst einmal wenig – er lag nämlich im Koma. Dementsprechend ist sein Körper zu Beginn des neues Abenteuer auch so geschwächt und lädiert, dass wir die ersten Regime-Schergen noch im Rollstuhl bekämpfen müssen. Das ist an sich eine überraschend andere Erfahrung, wurde aber vor allem auch „gameplayschonend“ umgesetzt. Sprich: Dass es in einem solchen Gefährt schwer bis unmöglich ist Treppen zu bewältigen wird gut eingebaut, dass man aber an und für sich auch bei Türschwellen Probleme hat, das wird ignoriert. Gut so! Ebenfalls gut: Stealth-Kills mit einem Rollstuhl hat man so vorher auch noch nie gesehen.

In BJs Schuhen

Möglich wird all das vor allem dadurch, dass BJ jetzt einen Körper hat – also auch für uns sichtbaren. Überhaupt spielt der Körper von „Terror Billy“  in Wolfenstein II: The New Colossus eine große Rolle. Später im Spiel kommt unser Held nämlich nicht einfach durch ein paar extra Sätze Liegestütze wieder auf die Beine (*hust* Batman *Hust*), sondern durch moderne Technik. Er bekommt einen Hightech-Anzug verpasst, der in weiterer Folge auch weiterentwickelt wird. Erwartet jetzt aber bitte keine Rollenspiel-Elemente. Wolfenstein 2 bleibt bei den bekannten Perks des Vorgängers (auch wenn es jetzt mit Heimlichkeit, Chaos und Taktik nur noch drei sind), die sich auf Basis eurer Spielweise von alleine weiterentwickeln. Darüber hinaus ist und bleibt Wolfenstein genau das, was man von der Serie erwartet und sich erhofft: Ein schneller, harter Shooter. Allerdings einer, der euch eben oft die Wahl lässt, ob ihr es lieber stealthig oder doch krawalliger angehen lassen wollt. Beides funktioniert ausgezeichnet, wie uns ein zweites Level später im Spiel deutlich veranschaulicht hat: In einer geheimen Basis unter Roswell sorgt die Kombination aus weiten Arealen und engen Gängen für zahlreiche Gelegenheiten uns sowohl an die patrouillierenden KI-Schergen heranzuschleichen, oder aber auch ein richtig lautes und blutrünstiges Gemetzel zu veranstalten. Bei letzterem wie schon im Vorgänger besonders cool: Die Möglichkeit mittels Tastendruck in den Dual-Wielding-Modus zu switchen und in der linken und rechen Hand gleiche, oder auch unterschiedliche Waffen zu tragen. Herrlich!

Vor allem, weil auch das Movement von BJ wieder mal echt auf den Punkt ist: „Richtig“ gespielt, ist Wolfenstein II: The New Colossus also ein unglaublich schneller Shooter, der den Zocker-Adrenalinhaushalt ganz schön in die Höhe schießen lässt. Vor allem auch, weil die Gegner in Sachen Speed gut mithalten können. Neue Opponenten, wie sich quasi teleportierende Cyborgs, bringen noch mehr Tempo ins Spiel, als es bisher schon der Fall war. Zusätzlich warten viele alte (und verhasste) Bekannte, wie die Hunde oder natürlich auch so mancher Zwischen-Boss. Wir durften etwa uns mit einem Einfamilienhaus-großen Roboter anlegen, der quasi unseren gesamten Munitionsvorrat verschlang, während wir versuchten Stück für Stück seine Panzerung abzuschießen, ohne von seinen mannigfaltigen Waffensystemen platt gemacht zu werden.

Tarantino-esque

Glücklicherweise nimmt sich Wolfenstein II: The New Colossus aber ganz offensichtlich auch öfter mal Zeit, die Story anständig zu erzählen und den Spieler etwas verschnaufen zu lassen. Geht es nach den Passagen die wir bei Bethesda spielen durften, scheinen die (übrigens großartigen) Cutscenes deutlich länger zu sein als im Vorgänger. Außerdem begeisterte uns ein selbst steuerbarer Spaziergang durch Roswell, in dem wir KKK-Mitglieder ebenso belauschen durften, wie Regime-Soldaten oder normale Bürger – nüchterne ebenso wie solche, die sich schon so richtig „ehrlich“ besoffen hatten. Den Höhepunkt lieferte dann die Kontaktaufnahme mit unserem Verbindungsmann in Joe’s Diner, in der ein Regime-Kommandant nach einer Menge, fast Tarantino-würdigem, Hin und Her doch noch unsere Tarnung als Feuerwehrmann durchschaute und dies mit dem Leben bezahlte.

Was uns an Neuigkeiten ebenfalls erwarten wird, von uns aber noch nicht begutachtet werden durfte, ist ein Story-Hub, also eine Missionsbasis in die BJ nach jeder Mission zurückkehrt. Dort werden wir uns frei bewegen, mit Leuten plaudern und eben unsere nächsten Schritte planen können. Natürlich ist die Story aber trotzdem linear. Ihr könnt hier im Grunde „bloß“ festlegen, wie ihr mit den Nebenmissionen verfahren wollt, die euch in etwas umgebaute Varianten bereits besuchter Levels zurückschicken, um dort neue Aufgaben zu lösen, mehr über die Hintergrundgeschichte zu erfahren und so manchen Bonus für uns selbst einzusacken. Seien es nun Waffen-Upgrades oder andere Goodies.

Was es nach wie vor nicht geben wird, ist ein Multiplayer-Modus – dafür gibt es „Familienintern“ ja mit Quake eine andere Anlaufstelle. Mit diesem teilt sich BJs neues Abenteuer im Übrigen auch die id Tech 6 Engine, die mit detaillierten Charakteren, tollen Lichteffekten, weitläufigen Außenarealen und scharfen Texturen überzeugen kann. Wie gut genau die KI sein wird, dazu trauen wir uns noch kein Statement abzugeben. Die Warnung von Bethesda, dass die Schwierigkeitsgrade noch nicht ganz ausgewogen waren, können wir nämlich nur bestätigen. Von den sechs zu Wahl stehenden fühlt sich ein Switch von einer in die nächst-höhere Stufe an, als wäre man von Moorhuhnjagd auf Dark Souls umgestiegen. Aber wir haben keinen Zweifel, dass die Profis von Entwickler Machinegames das noch hinbekommen werden.

Von Deutsch auf Deutsch?!

Was sie allerdings nicht hinbekommen könnten, ist die mit der an sich guten deutschen Synchronistaion oft verloren gehende „Tiefe“ in den Unterhaltungen der NPCs. In Roswell beispielsweise können wir eine Unterhaltung zwischen einer Mutter und ihrem Sohn belauschen. Im Deutschen irritiert dabei, dass sie dabei zwischen englischer und deutscher Aussprache des Namens ihres Sohnes „Peter“ wechselt. Im Original-Englischen macht das natürlich mehr Sinn. Immerhin leben die beiden in einer Welt, in der der offizielle „Switch“ der Amtssprache in den USA von Englisch auf Deutsch kurz bevor steht. Somit lernen jetzt alle unsere Muttersprache und versuchen zu wechseln … Nur wenn eben eh schon jeder Deutsch spricht, funktioniert dieser „Schmäh“ nicht. Vermutlich wird man die Sprache aber umstellen können.

Was aber freilich nicht „umstellbar“ ist, sind die Anpassungen die für den deutschsprachigen Raum in Sachen Verbotsgesetz unternommen wurden. Während also im Rest der Welt überall Hakenkreuze und SS-Symbole klar machen, dass wir es hier mit einer fiktiven Realität zu tun haben in der der zweite Weltkrieg anders lief als bekannt. Also kämpfen wir hierzulande gegen das „Regime“. Aber ganz ehrlich: Dem Spielspaß tut das absolut keinen Abbruch.

ERSTEINDRUCK

Wolfenstein II: The New Colossus wird in jeder Hinsicht besser als der ohnehin schon tolle Vorgänger. Damit ist eigentlich auch schon alles wichtige gesagt. Movement, Gameplay, Story, Grafik … hier passt anscheinend alles. Shooter-Fans mit Faible für gute Geschichten und feine Technik können sich den 27. Oktober 2017 also schon jetzt fett im Kalender anstreichen.

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