Wolfenstein II: The New Colossus im Test

Manche Dinge verlieren einfach nie ihren Charme, so auch das Spiel Wolfenstein. 1981 erschien Castle Wolfenstein und legte einen Grundstein für eine Serie die noch heute, 36 Jahre später, zu begeistern weiß! Ein besonderer Meilenstein war 1992. Hier kam mit Wolfenstein 3D einer der ersten Shooter überhaupt auf den Markt. 2014 war es dann soweit und die Serie wurde nach über 20 Jahren mit The New Order fortgesetzt. Und an dem Erfolg soll nun weiter angeknüpft werden! Wolfenstein II: The New Colossus schickt uns erneut in den Kampf gegen Nazis, Maschinen-Menschen und Kampf-Roboter-Hunde, fantastische Story inklusive!

Wolfenstein ist auf jeden Fall eines jener Spiele, die alle Vorurteile der Medien gegenüber Baller-Spielen aufgreift und diese in gewisser Art und Weise auch rechtfertigt. Rassismus, Gewalt, Nazis! Doch bitte diese Worte nicht aus dem Kontext reißen, denn es handelt sich bei dem Spiel um Fiktion auf höchstem Niveau und tiefer schwarzer Humor leiten dieses Spiel, welches sich mehr oder minder überspitzt zwar an den Nazis bedient, aber keinerlei geschichtlichen Parallelen zieht und keine Verherrlichung dieser Ideologie darstellt. Im Gegenteil, Wolfenstein ist ein feiner Shooter mit kinoreifer Story. Und wieso sollten solche Themen nur in Büchern oder Filmen bearbeitet werden, auch in Games haben solche Geschichten ihre Daseinsberechtigung!

Terror Billy ist zurück!

Kriegsheld William »Terror-Billy« B.J. Blazkowicz und die Freiheitskämpfer vom Wiesenauer Kreis sind zurück und begeben sich in den Kampf gegen das skrupellose Regime in die USA. Wir schreiben das Jahr 1962, das Regime (in der deutschen Fassung ersetzt dieses die Nazis) hat den zweiten Weltkrieg gewonnen und nun liegt es an uns dieses fürchterliche Treiben zu beenden! Nach dem Sieg über General Totenkopf in The New Order finden wir uns schwer verletzt zurück auf dem gestohlenen U-Boot Hammerfaust des Regimes. Fünf Monate vergehen, unsere Wunden sind längst noch nicht verheilt, als unser Zufluchtsort von Soldaten überrannt wird. Frau Engel hat uns aufgespürt und sehnt nach Rache. Wir werfen uns also kurzerhand in den nächsten Rollstuhl und nehmen den Kampf mit dem Regime vorerst einmal auf Rädern auf. Die Story wird dieses Mal für B.J. noch persönlicher und intimer. Als werdender Vater hat er mehr Grund denn je, die Welt vom Regime zu befreien – eine neue Stufe der Verantwortung lastet auf seinen Schultern. Auch der härteste Killer hat einen weichen Kern! Möge die Schlacht um ein freies Amerika beginnen!

Nazis trinken Erdbeermilch

Wolfenstein II: The New Colossus entführt uns dazu an viele Schauplätze. New Mexico und Manhattan sind nur einige davon, es gibt viel zu entdecken und zu erkunden! Ausgangspunkt ist dabei immer das U-Boot Hammerfaust. Es fungiert sozusagen als Einsatzzentrale, hier können wir mit unseren Kollegen und Freunden sprechen um mehr über sie zu erfahren, Nebenmissionen abschließen und in viele witzige Situationen kommen, ich möchte an dieser Stelle aber nichts spoilern! Die Levels selbst strotzen diesmal nur so vor Details. Propaganda Poster, Zeitungsartikel, Werbeplakate, alles ist mit schwarzem Humor gespickt. Sehr viel Liebe ist in dieses Spiel geflossen, die Entwickler haben es anscheinend sehr genossen sich kreativ auszutoben!

Was das Spiel einfach perfekt schafft, ist es die Balance zwischen Humor und Ernsthaftigkeit zu halten. So komisch eine Situation im ersten Moment erscheint, so schnell kann sie auch emotional ansprechend werden und umgekehrt. Wir werden stets daran erinnert, dass es immerhin um den Kampf gegen ein totalitäres Regime geht. Dabei wird die Story aber nie anstrengend oder nervig. Diesen Drahtseilakt zu schaffen, verdient meine vollste Hochachtung!

Wir schlüpfen dieses Mal auch in Rückblenden von B.J.s Kindheit, dazu möchte ich nicht viel verraten. Wir erfahren hier auf jeden Fall welche Umstände den »Terror-Billy« zu so einer harten Sau gemacht haben! Dabei wird es in diesen Sequenzen oft emotional und auch wir Spieler können dabei unsere weiche Seite kennen lernen. Blödsinn, wir haben natürlich keine weiche Seite, oder doch?! Im Kern bleibt Wolfenstein dennoch dem Genre treu und ist ein Oldschool-Shooter. Gesundheit regeneriert sich nur zu einem gewissen Grad, danach helfen nur Medipacks und Rüstungen weiter. Und der Schwierigkeitsgrad hat sich gewaschen. Schon nach der zweit-leichtesten Stufe geht es ordentlich zur Sache und wird den Action-Shooter Freunden unter euch das Leben erschweren!

Umfangreiches Repertoire

Um einen solchen Kampf gegen das Regime auch zu gewinnen benötigt es aber allerhand Waffen und Fähigkeiten. Und dieses Arsenal kann sich in Wolfenstein II: The New Colossus sehen lassen. Skill Punkte gibt es dabei nicht. Wie ihr das Spiel spielt, bestimmt welche Fähigkeiten verbessert werden. Macht ihr viele Headshots werden diese mit der Zeit effektiver. Tötet ihr gerne Gegner aus dem Hinterhalt mit bloßen Händen, dann werdet ihr hier mit besseren Skills belohnt. Im Laufe des Spiels kommt ihr zudem an einen Punkt wo ihr euch für eine von drei Kampfmods entscheiden dürft. Mit den Donnerfäusten könnt ihr euch zum Beispiel  durch brüchige Wände schlagen oder im Sprint auch gepanzerte Gegner angreifen und deren Rüstung vom Leib sprengen. Der Mod ermöglicht euch somit auch neue Wege in den Levels zu finden. Dabei wirkt nichts aufgesetzt und alles fügt sich sehr gut ins Spiel ein. Und keine Sorge, an Bord der Hammerfaust könnt ihr durch Nebenmissionen noch die anderen zwei Mods freispielen.

Auch Waffen sind in Wolfenstein II: The New Colossus nun modifizierbar. Ihr findet im Laufe des Spiels neue, größere Magazine, andere Zielvorrichtungen und vieles mehr. Somit könnt ihr zum Beispiel aus einem Automatikgewehr auch ein Einzelschuss-Sniper bauen. Ebenfalls wichtig zu erwähnen: Neben der Hauptstory und Nebenmissionen warten noch zusätzliche Nebenaufgaben auf euch. Diese starten wir auf der Hammerfaust. Dazu dechiffrieren wir in einem Mini-Spiel eine, bei einem eliminierte Kommandanten gefundene, Lochkarte und schalten damit den Weg in einen neuen Bezirk frei. Dort erwartet euch dann ein hochrangiger Offizier und wenn ihr diesen besiegt, dann gibt es Upgrades für eure Kampfmod oder eure Waffen. Diese wiederum hilft euch dann im Fortschritt bei der Hauptstory. Was ich dabei schön finde ist, dass Wolfenstein II: The New Colossus dabei komplett auf Dinge wie Lootcrates oder einen Ingame -Store verzichtet. Mein absoluter Respekt, bedient sich die Branche ja in letzter Zeit immer häufiger einem solchen, meist auch Pay2Win, Modell.

Wo die Sonne scheint, fällt auch Schatten

Grafisch kann Wolfenstein II: The New Colossus sehr überzeugen! Das Spiel läuft flüssig und sieht sehr gut aus. Viele Details sowie sehr gut ausgearbeitete Charaktermodelle und Leveldesigns sorgen für einen Augenschmaus. ABer in allen Punkten in denen das Spiel überzeugen kann, gibt es natürlich auch ein paar kritische Dinge. So ist die Synchronisation ins Deutsche zwar wunderbar gelungen, aber besonders in Cutscenes haben wir es in der deutschen Fassung mit massiven Problemen bei der Lippensynchronisation zu tun, was einen leider oft aus der Szene reißt und auch ernstere Dialoge ein wenig lächerlich macht. Leider kann man die Sprache nicht ändern – heutzutage ein eigentliches MUSS für jedes Spiel. Also zumindest in die Originalvertonung sollte man wechseln können!

Auch die KI hat hin und wieder mal ein paar Aussetzer, zum Beispiel beschloss so ein dämlicher Soldat doch tatsächlich mitten im Gefecht wieder seine Runde zu gehen als wäre nichts gewesen. Auch die Steuerung geht zwar in 99% des Spiels gut von der Hand, ab und zu dauert der Wechsel auf Akimbo (zwei Waffen gleichzeitig) aber zu lange, gerade in hektischen Situationen wäre es besser gewesen wenn das Waffen-Kreis-Menü die Zeit anhält und uns kurz die richtigen Bleispritzen auswählen lässt. Aber das ist auch schon alles was es an Kritik zu diesem Titel gibt, demnach glaube ich sagen zu können dass es da Spiele gibt die deutlich mehr frustrierende Elemente mit sich bringen und es sich hier schon um Kritik auf hohem Niveau handelt!

FAZIT

Wolfenstein II: The New Colossus ist einer der besten Shooter des Jahres! Wer einen 0815 Shooter erwartet hat liegt hier falsch. Eine fantastische, zum Teil tiefe Story, verleiht dem Spiel B-Movie Charakter! Alle Charaktere glänzen durch eine wunderbare Hintergrundgeschichte und gerade B.J., der harte Kerl der alles wegsteckt, zeigt sich von seiner verwundbaren Seite. Klar gibt es sehr viele Shooter Passagen und die Action kommt nicht zu kurz, aber was ist besser als ein geiler Shooter? Richtig, ein geiler Shooter mit bombastischer Story und das wird hier geboten!

Die nun offenere Spielwelt bereichert den Spielfluss immens und die Kampfmods und modifizierbaren Waffen geben uns das Werkzeug Wolfenstein II: The New Colossus so zu spielen, wie wir das möchten. Stealth wird vielleicht nicht so unterstützt wie in einem Dishonored, ist aber möglich und in manchen Situationen auf jeden Fall die bessere Option! Mit etwa acht Stunden Spielzeit für die Hauptstory und vielen Nebenmissionen und etwa drei Stunden an Sequenzen bekommt man hier wirklich was geboten. Wäre nicht die schlechte Lippensynchronisation und die fehlende Möglichkeit auf die Originalvertonung umzustellen hätte es für Sound eine deutlich bessere Bewertung gegeben. Nichts desto trotz findet für keinen Fan von Baller-Spielen der Weg an diesem Game vorbei! Absolutes Must-Have!

Ein Gastartikel von A. Wittek

Gesamtwertung: 8.4

Einzelwertungen: Grafik: 8 | Sound: 6 | Handling: 8 | Spieldesign: 10 | Motivation: 10

Passende Beiträge

Flint: Treasure of Oblivion im Test

ANTONBLAST im Test

The Spirit of the Samurai im Test