World of Warcraft: Shadowlands im Test

Die Welt von Azeroth hat es wirklich nicht leicht. Nicht nur mit alten Göttern oder mächtigen Titanen muss sie sich herumschlagen. Nein, in den letzten Monaten waren eher eine schwierige Betaphase und ein kurzfristig verschobener Launch der wahre Feind. Doch nun klopft der Tod selbst an die Tür und wir können uns in die verheißungsvollen Schattenlande stürzen. Aber kann Blizzard ein Leben nach dem Tod?

In World of Warcraft: Shadowlands ist der Schleier zwischen dem Leben, wie wir es kennen, und der Welt nach dem Tod zerrissen. Knapp zwölf Jahre ist es her, seit die sterblichen Helden von Azeroth sich dem Lichkönig auf der Eiskronenzitadelle stellen mussten – und nun kehren wir zu Beginn genau dorthin zurück.

Sylvanas Windläufer, verstoßener Kriegshäuptling der Horde, fiel mit ihren Anhängern über die Zitadelle her, mit nur einem Ziel vor Augen: dem Helm der Dominanz. Sie überwältigte den amtierenden Lichkönig Bolvar Fordragon mit Leichtigkeit und wagte das Unglaubliche: Sie wollte den Helm nicht, wie von zahlreichen Fans vermutet, für sich selbst. Nein, sie zerstörte ihn, und damit auch die Welt, wie wir sie kannten. Denn das Loch zu den Schattenlanden reißt im Himmel auf und wartet darauf uns zu verschlingen.

Natürlich sind wir es wieder, die mächtigen Champions von Azeroth, welche den Tag, oder besser gesagt das Leben selbst, retten sollen. Doch überzeugt euch selbst davon, wie die Gratwanderung zwischen Leben und Tod seinen Anfang nahm:

Die Reise ins Jenseits beginnt

So stürzen wir uns also zu Beginn des Abenteuers selbst in die sagenumwobenen Schattenlande – dem Ruheort jeder sterblichen Seele. Egal, ob im Leben gut oder böse, jeder findet hier seinen unendlichen Platz. Die Schattenlande teilen sich dabei in vier Zonen: Bastion, Ardenwald, Revendreth, Maldraxxus, und den Schlund. Finden in den ersten vier Gebieten Seelen ihre Heimat, welche ein erfülltes Leben lebten oder aufgrund der Art begangener Sünden noch zu retten sind, so stürzen alle in den Schlund welche keine Vergebung mehr wert sind. Man kann ihn sich als kleines Pendant zu dem vorstellen, was wir als „Hölle“ bezeichnen würden.

Bereits die vier veröffentlichten „Nachleben“-Filme stimmten auf die neuen Gebiete ein und das Addon selbst enttäuscht hinsichtlich Vielfalt überhaupt nicht: jedes Gebiet glänzt durch eine besonders hohe Individualität, und unglaublich viel Liebe zu Details. Das Feeling der gesamten Welt verändert sich komplett, sobald man von Zone zu Zone reist.

Ob man nun in Revendreth mit den elitären Venythr am Wein nuckeln, sich in Maldraxxus in die Arena werfen oder in Ardenwald seinen Garten pflegen möchte – hier ist für jeden Geschmack etwas dabei. Mein Favorit sind und bleiben dabei beispielsweise haushoch die Kyrianer mit ihren kleinen Eulenbegleitern. (Ich mein, kennt ihr schon Koukis? Der kleine Eulerich spielt mir Lieder auf der Flöte und macht sogar Komplimente, okay?!)

Eine Leveling-Erfahrung der anderen Art

Frisch in den Schattenlanden angekommen, geht es natürlich erstmal wieder darum, das neue maximale Level zu erreichen. Seit dem Level-Squish im Pre-Patch ist hier der große 60er das neue Ziel, welches in knapp zehn Stunden erreicht werden kann.

Dabei ist die Level-Erfahrung in Shadowlands aber anders, als man es beispielsweise noch aus Legion oder BFA gewohnt war. Man wird seit langer Zeit wieder durch alle vier Zonen in einer bestimmten Reihenfolge geschickt und es wird somit eine zusammenhänge Geschichte erzählt. Diese ist zwar in den Grundzügen vorhersehbar, wurde aber wirklich gut in Szene gesetzt.

Ein stärkerer Fokus auf die Charaktere schafft mehr Immersion und nicht nur hier sieht man, dass sich Blizzard wohl das eine oder andere Element aus dem erfolgreichen Classic abgeguckt hat. Denn es halten wieder viel mehr RPG-Elemente Einzug, anstatt einem großen Effektfeuerwerk. Dabei wurden die Quests dennoch innovativ gestaltet und die zahlreichen Höhepunkte mit Cinematics in Szene gesetzt. Das Leveln gestaltet sich somit absolut kurzweilig.

So müssen wir in Revendreth einen Venthyr mit Sonnenschirm eskortieren, das Todesurteil eines Verräters verfassen, in Bastion unsere Eulenmänner stapeln, oder von einer Blume zur Nächsten springen. Dabei hat der ein oder andere todgeglaubte Charakter einen wichtigen Auftritt – klar auch, befinden wir uns doch im Nachleben selbst! Dies bietet Blizzard im Storytelling auch schier unendliche Möglichkeiten, alte Fan-Favorites wieder auf die Bildfläche zu holen. Ich bin gespannt, welche Chancen hier ergriffen werden.

Unser Charakter und sein Abenteuer stehen klar im Vordergrund.

Der Kampf um das Anima beginnt

Während unserer Reise zum Maxlevel erfahren wir die Hintergrundgeschichte der vier Zonen – und vor allem der damit verbundenen Pakte, den Einwohnern der Schattenlande. Diese stehen im Addon im Mittelpunkt und haben mit ihren ganz eigenen Problemen zu kämpfen. Denn seit einigen Jahren fließt jegliche Anima, die Lebensenergie der gesamten Schattenlande, unaufhaltsam in den Schlund. Es liegt an uns herauszufinden, was dort passiert ist – und uns dabei einem Pakt als Verbündeter anzuschließen.

Diese Entscheidung ist die Wichtigste in der aktuellen Erweiterung, denn mit ihr steht und fällt unser tägliches Leben im späteren Endgame. Wir können uns zwischen den Kyrianern in Bastion, den Nigth Fae in Ardenwald, den Venthyr in Revendreth und den Nekrolords in Maldraxxus entscheiden.

An unsere Entscheidung sind sowohl kosmetische Belohnungen als auch spielerische Kräfte gebunden. Jeder Pakt bringt dem Spieler zwei Fähigkeiten. Eine Fähigkeit steht allen Mitgliedern zur Verfügung, die zweite nur den Vertretern der jeweiligen Klasse. Die Pakte prägen also definitiv unser gesamtes Spielerlebnis. Eine Entscheidung, die im Vorfeld bereits für einen großen Aufschrei in der Community sorgte.

„Das kann man doch niemals balancen“ – lautete das einstimmige Credo. Und bisher ist dieses Feedback leider nicht ganz ungerechtfertigt – es gibt definitiv einige Fähigkeiten die mehr Spaß oder Schadenszahlen bringen als andere. Ein Paktwechsel im Endgame geht jedoch viel schneller, als es ursprünglich in der Beta der Fall war und verlieren tut man mit einem Wechsel nichts, außer das Ansehen des Paktes, welchem man gerade einen Messer in den Rücken gerammt hat!

Die Wahl für einen Pakt ist entscheidend und prägt unseren Alltag im Endgame.

Der tägliche Sprung in den Schlund

Wie in einigen bisherigen Erweiterungen üblich gibt es auch diesmal eine Zone die rein dem Endgame vorbehalten ist – der Schlund, in welchem damals unsere Reise vor vielen vielen Stunden begann. Das Gebiet schreit dabei geradezu: „Hau ab und verschwinde, so lange du noch kannst!“

Denn es ist düster, leer, und nur so zugepackt von Gegnern welche euch den Gar ausmachen wollen. Auch Reittiere sind hier verboten, was uns nur seeeehr langsam vorankommen lässt. Wir sind zudem im Schlund auch nie wirklich unbeobachtet. Denn der Jailer – neuer Verbündeter von Sylvanas, und voraussichtlicher Endgegner der Erweiterung – beobachtet uns auf Schritt und Tritt. Umso mehr Gegner wir töten, und umso mehr Aufgaben und Rätsel wir bewältigen, desto mehr werden wir ihm ein Dorn im Auge.

Das tägliche „Auge des Kerkermeisters“ ist dazu eine neue Leiste welche sich durch unsere Aktivitäten füllt. Mit jeder Stufe erwarten uns neue Herausforderungen. So stürzen Assassinen auf uns herab oder Ketten fesseln uns zu Boden. Auf Stufe 5 steht gar unser unausweichliches Ende bevor. Die Zeit im Schlund ist also begrenzt, und es gilt gut abzuwiegen, was uns am Tag wirklich wichtig ist. Dafür erhalten wir dort jedoch die neue Währung Stygia, welche uns beispielsweise Sockel auf unser Equipment schmieden lässt.

Bisher blieb der Schlund jedoch noch ziemlich blass, und wahrlich ein Ort, den man schleunigst wieder verlassen möchte. Aktuell gibt es wahrlich Spannenderes zu tun – das Potenzial, dass dort jedoch noch viel im Laufe des Addons passieren wird, ist definitiv da!

Freundlich und einladend sieht definitiv anders aus!

Torghast, der schier unendliche Turm

Die Pakte allein sind jedoch nicht das einzige Feature, welches wir in Shadowlands auf dem Präsentierteller erhalten: denn auch Torghast, der Turm der Verdammten, wartet darauf von uns – im wahrsten Sinne des Wortes – erklommen zu werden.

Torghast ist dabei ein neuer, ganz besonderer Dungeon welcher uns in den Schattenlanden erwartet. Er wurde von zahlreichen Rogue-likes inspiriert, und verändert sich mit jedem Besuch. Wir hangeln uns von Ebene zu Ebene und sammeln dabei Anima-Kräfte. Diese machen uns – jedenfalls auf dem Papier – immer stärker und mächtiger. Der Dungeon skaliert von 1 bis 5 Spielern und bietet somit sowohl Solo-Spielern als auch Gruppen die Chance sich auszutoben.

So ganz funktionierte das Prinzip im aktuellen Live-Zustand jedoch noch nicht. Die „unendliche“ Version des Turmes steht aktuell noch nicht zur Verfügung, und die bisher beschränkten Runs ziehen sich eher vor sich hin als pfeilschnellen Spaß zu versprechen. Viele Anima-Kräfte sind zu unbedeutend, die Gegner hatten noch viel zu viele Lebenspunkte.

Aktuell wird jedoch seitens Blizzard wirklich stark daran geschraubt, und gerade Anfang der Woche gab es zahlreiche Änderungen die eine große Besserung brachten. Die Dauer wurde verkürzt, die Lebenspunkte abgeschwächt, und die Zahl der Anima-Kräfte welche man erhält stark angehoben. Ganz da, wo Torghast laut Ankündigung hätte sein können, ist man aber immer noch nicht. Ich bin jedoch optimistisch, dass sich das Feature im Laufe der Erweiterung gut weiterentwickelt.

Mein Legendary, das craft‘ ich mir!

Auch in Sachen Loot und Equipment zeigte sich definitiv, dass Blizzard von den letzten Jahren gelernt hat. Denn auch in Shadowlands gibt es wieder legendäre Gegenstände zu erbeuten – Waffen oder Ausrüstung mit starken Kräften, welche unser Gameplay beeinflussen und uns stärker machen.

Diesmal sind diese jedoch weder an monatelange Questreihen (wie noch zu Zeiten von Mists of Pandaria) noch an einen absoluten RNG Faktor (wie damals zu Legion) gekoppelt. Denn wir begegnen gleich zu Beginn unseres Abenteuers in Torghast dem Runenschmied. Dieser stellt uns im Ausgleich zu seiner möglichen Befreiung seine Dienste zur Verfügung.

Ab dann gilt es, die gewünschten Erinnerungen des Runenschmiedes zu finden. Diese droppen bei Dungeon-Bossen, im Raid, oder auch im PvP mit einer verhältnismäßig hohen Chance (im Raid sogar zu 100 %). Einmal erhalten übergeben wir die Erinnerungen dem Schmied, und schmieden uns anschließend das Legendary unserer Wahl. Wir entscheiden selbst welche Kraft wir haben möchten, und welche Werte das Item haben soll. Dafür brauchen wir jedoch die neue Währung der Seelenasche. Und die gibt es – wer hätte es gedacht – im Turm der Verdammten. Pro Woche lässt sich dort eine festgelegte Menge an Asche erbeuten.

Dieses System des Legendary-Schmiedens ist wirklich unglaublich gut gelungen. Bereits in der zweiten oder dritten Woche konnte man seinen Charakter mit den legendären Kräften spielen, die sich am verlockendsten anhörten. Gleichzeitig erhält man jedoch auch nicht zu wenig Asche, und kann auch gerne mal das ein oder andere Item ausprobieren, ohne wochenlang dafür zu Farmen. Top Blizzard, was für ein kluger Schachzug!

Der Runenschmied scheint unser Verbündeter zu sein. Doch wieso ist er im Turm eingesperrt?

Schloss Nathria öffnet seine Pforten

Manch ein Fan wundert sich sicher, warum unser Review zu World of Warcraft: Shadowlands eigentlich doch ein paar Wochen auf sich warten ließ, obwohl der 24. November schon eine Weile her ist. Die Antwort darauf ist leicht: was wäre die Welt von Azeroth, ohne sein Endgame?

Die offizielle Saison 1 von Shadowlands startete nun mit 09. Dezember, und brachte uns einen komplett neuen Raid in Form von Schloss Nathria, als auch die neuen Instanzen im Mythisch-Plus-System. Ich habe mich natürlich direkt ins Zuhause vom Vampir-Oberboss gestürzt, um ihm mit meinen tapferen Mitstreitern das Handwerk zu legen. Und dabei überzeugte mich der erste Raid auf ganzer Linie. Sire Denathrius ist mit Abstand einer der charismatischsten Gegner, welche World of Warcraft zu bieten hat. (Ich kann hier jedem nur empfehlen, sein dazugehöriges „Nachleben“ Video mal anzusehen!)

Der Raid selbst überzeugt dabei sowohl mit seiner Gestaltung als auch mit den innovativen Bosskämpfen. Ob Teleporter mitten im Raum oder erstmals sogar ein gemeinsamer Tanz für den ganzen Raid – hier steckte genau wieder die Liebe zu Neuem,und vor allem Ungewöhnlichem drin, welche ich bei Blizzard schon einige Jahre zu vermisste.

Auch die Instanzen können bisher im stetig ansteigenden Mythisch-Plus-System überzeugen. Bereits jetzt kristallisieren sich hier jedoch klare Unterschiede in der Schwierigkeit heraus. Das ein oder andere Balancing würde hier definitiv noch gut tun. Ich kann mir jedoch definitiv vorstellen hier noch zahlreiche Stunden in den dunklen Hallen der Schattenlande zu verbringen.

Zusammenfassung

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