World War Z im Test

Zeit für ein Outing: Ich weiß, dass es zu World War Z ein Buch gibt, habe es aber nie gelesen. Ich weiß auch, dass es dazu einen Film gibt, habe ihn aber nur teilweise gesehen … einfach weil ich währenddessen eingeschlafen bin. Aber ich habe viel und eifrig Left 4 Dead gespielt – und genau DAS ist der Grund, warum mich der Titel von Saber Interactive so interessiert hat. Immerhin flammte vor Erscheinen in mir die Hoffnung auf, hier einen inoffiziellen Nachfolger der großartigen Zombie-Hatz serviert zu bekommen … und teilweise erfüllte sich mein Wunsch auch. Dennoch bleibt am Ende ein enttäuschter Beigeschmack.

In der Regel würde ich mich zu Beginn eines Reviews wie diesem zur Story äußern. Sonderlich viel kann ich dazu aber ehrlicherweise nicht beitragen. Mein Wissen zur Welt aus World War Z stammt vor allem aus rund 10 Minuten googeln: In seinem Buch mit dem passenden Titel „Wer länger lebt ist später tot“ beschreibt der Autor Max Brooks (ja, er ist der Sohn von Mel Brooks) „Tatsachenberichte“, Tonbandaufnahmen und allerhand Wissenswertes zur Zombieapokalypse in unterschiedlichen Regionen der Erde. Eigentlich wäre somit also wohl eine Menge zu erzählen gewesen, wenn man ein Spiel zu diesem Werk macht. Entwickler Saber hat sich damit aber – leider – nicht aufgehalten. In vier Episoden, die aus drei, bzw. zwei Abschnitten bestehen, verschlägt es den Spieler hier nach New York, Moskau, Tokio und Jerusalem, wo ihr jeweils in einem vierköpfigen Team versucht eine bestimmte Aufgabe zu erledigen, um sich doch noch an den letzten kleinen Hoffnungs-Strohhalm zu klammern. Dabei werdet ihr wohl in sehr unterschiedliche Settings geworfen – von Museen, über U-Bahn-Schächte, bis hin zu Straßenschluchten und geheimen Militäreinrichtungen in der Wüste – allerdings schafft es keines davon, mit wirklich auffälliger Originalität längerfristig in Erinnerung zu bleiben.

Dasselbe gilt für die Charaktere. Jeder der insgesamt 16 Protagonisten hat also wohl seine eigene Hintergrundgeschichte, nur wird diese höchstens über freischaltbare Extras erzählt. Während der Episoden selbst beschränken sich die Konversationen auf das absolut notwendigste, wodurch im Grunde keiner der Charaktere einem jemals auch nur im entferntesten sympathisch wird. Sie dienen schlicht als leere Hüllen, die für euch die Waffen tragen um sich um die eigentlichen „Helden“ des Spiels zu kümmern: die Zombies!

Viiiiiiele Zombies!

Fünf Arten von Untoten gibt es im Spiel: den Bullen – einen Cop mit schwerer Panzerung, der auf euch zustürmt und sein Opfer dann zu Boden wirft (hat gerade jemand L4D-Charger gesagt?), den Schleicher – der sich in dunklen Ecken versteckt und dann einen riesen Satz auf sein Opfer macht (Hunter, anyone?), den Stinker – einen Typen in Schutzanzug, aus dem Gas austritt, wenn man ihn anschießt und den Schreier – ehemals wohl Vorarbeiter mit Megafon, der durch seine lauten Rufe immer neue Vertreter der letzten Kategorie herbeirufen kann: dem Standard-Zombie. Der kommt in unterschiedlichen Farben und Formen daher, ist euch aber jedenfalls stark unterlegen. Zwei, drei Schüsse in den Körper oder einfach einer in die Birne und aus untot wird ruck-zuck ganz tot.

Der Haken: Die Standard-Zombies kommen selten allein – ab und an kommen sie sogar in Hundertschaften. Und das ist keine Übertreibung. Als sogenannter Schwarm – die namens-gebende Spezialität der Engine – strömen tatsächlich hunderte Zombies gleichzeitig, durch die Levels; drängen sich wie ein Fluss durch Gassen, fallen wie Regen durch Löcher in der Decke über euch und schwappen sogar nach und nach auch über die höchsten Hindernisse. Um solche zu überwinden – Zäune oder Mauern beispielsweise – bilden sie nämlich einfach gigantische Zombie-Türme, klettern aneinander hoch und machen es euch somit absolut unmöglich, euch irgendwo vor ihnen in Sicherheit zu wiegen.

Klar, dass dieser ganze Stolz der Entwickler somit auch sehr regelmäßige Auftritte in den Missionen kriegt – in jeder einzelnen. Meist treffen euch die Schwärme aber nicht unvorbereitet. In der Regel habt ihr vor jedem Angriff ein kurzes Zeitfenster, in dem ihr an der Position, die es gegen einen solchen Schwarm zu verteidigen gilt, Verteidigungsanlagen aufbauen könnt. Darunter fallen dann automatische Geschütze, elektrische Zäune, stationäre MGs oder auch Mörser. Und ja: Mit eben solchen Geräten sodann hunderte bis tausende Zombies in Untoten-Gulasch zu verwandeln ist genau so spaßig, wie es sich jetzt anhört – unter anderem auch, weil die Entwickler nicht mit Splatter-Effekten gegeizt haben, um die Third-Person Hatz optisch anständig „deftig“ zu machen. Beeindruckend dabei: Die Framerate bleibt zu 90% absolut stabil. Einzig wenn ihr aus irgendeinem Grund wirklich mitten in einen Schwarm geratet – was dann in der Regel ohnehin nicht lange gut geht – bricht sie ein klein wenig ein. Dabei verdient sich die Grafik insgesamt zudem das Prädikat „nett“. World War Z sieht bei Weitem nicht umwerfend aus, weiß aber durchaus mit hübschen Effekten und passablen Charaktermodellen zu punkten. Auch der Sound ist passabel – so manche Waffe klingt zwar nicht ganz so, wie man das erwarten würde, dafür haben die Explosionssounds richtig Power und auch die Surround-Ortung der gut an ihren Geräuschen identifizierbaren „Sonder-Zombies“ funktioniert gut.

Langzeitmotivation?

An und für sich ist World War Z schnell durchgespielt. Jede Episode dauert ungefähr 1,5 Stunden – nach rund sechs ist also alles erledigt. Ganz erledigt? Absolut nicht! Egal welchen Charakter ihr spielt, ihr habt stets die Wahl zwischen sechs Klassen. Zu Beginn macht diese Wahl noch keinen sonderlich großen Unterschied. Vor allem beeinflussen sie mit welchem Loadout ihr in die Missionen startet. Durch fleißiges Verwenden einer Klasse levelt ihr allerdings auf, was euch in dem überraschend großen Talentbaum einer jeder immer neue Fähigkeiten freischalten lässt, die mit der Zeit tatsächlich taktische Unterschiede machen – vor allem in den höheren der aktuell fünf Schwierigkeitsgrade.

Ähnliches gilt für die zahlreichen Waffen im Spiel. Auch für diese sammelt ihr Erfahrungspunkte – einfach indem ihr sie verwendet. Damit lassen sich nach und nach Verbesserungen für selbige freischalten. Die reichen dann von größeren Magazinen, über andere Läufe bis hin zu diversen Anbauten, die die Schießeisen in Sachen Handling, Schaden und Co. verändern. Das kann Freunde des gepflegten Auflevelns eine ganze Weile bei der Stange halten.

Einziger Haken: Als überzeugter Solospieler wird die ganze Sache recht schnell etwas mühsam. Immerhin rennen die drei KI-Kumpanen, die zumindest glücklicherweise recht gut schießen können – einem im Grunde ständig nur hinterher. Das bedeutet nicht nur, dass versteckte Schleicher somit IMMER den Spieler anhupfen – geht er doch als erster in jeden Raum – sondern auch das Passagen in denen man gleichzeitig etwas holen und etwas (meist jemand) anderen beschützen soll, zum Spießrutenlauf werden.

Mehr Spaß im Mehrspieler

Deutlich besser wird’s freilich, wenn man World War Z als Online-Koop-Spiel spielt … und man das Glück hat, eine gute Crew zu erwischen, beziehungsweise an der Hand zu haben. Dann kann man sich nämlich – auch dank eines integrierten Markersystems – super abstimmen und noch viel besser die Zombie-Horden ummähen.

Auch einen Multiplayer-Part gibt es, in dem Menschen gegen Menschen antreten können (entweder in Teams oder als Jeder-gegen-Jeden, oder als PvPvSchwarm, in dem zufällig auftretende Untoten-Horden für das gewisse Extra in den Scharmützeln sorgen. Leider wirkt der Multiplayerpart allerdings etwas unausgegoren und nicht zu Ende konzipiert – wie große Teile des Spiels übrigens. Ein Tutorial oder eine schlichte Einführung in das Gameplay gibt es ebenso wenig wie private Lobbys oder nennenswerte, eigene Ideen. Auch der Umfang ist freilich nicht gerade umwerfend. Allerdings hat Sabre bereits Besserung versprochen und wird einige Gratis-DLCs zur Verfügung stellen.

In der ersten Welle etwa erwartet uns ein zusätzlicher Schwierigkeitsgrad, eine neue Zombie-Art, eine neue Mission sowie diverse Waffen und Outfits. Zudem muss den Entwicklern zu Gute gehalten werden, dass sie in den Wochen seit dem recht erfolgreichen Launch bereits mit großen Patches viele der ursprünglich noch vorhandenen Probleme des Spiels in den Griff bekommen haben. Anfänglich etwa hängte sich das Spiel nach jeder Mission auf, feuerten die KI-Kollegen gerne mal auf hinter Wänden wartende Zombies oder ploppten Untote einfach unvermittelt in den Sichtbereich des Spielers – alles davon wurde entweder verbessert oder ganz behoben.

FAZIT

World War Z ist ganz sicher kein echter Ersatz für ein Left 4 Dead 3, aber dennoch nicht nur für ausgehungerte Fans einen Blick wert. Feinschliff und eigene Impulse fehlen zwar, doch gerade wenn man drei gute Freunde an der Hand hat, die sich gerne mal mit einem gemeinsam auf Zombie-Jagd begeben würden, kann World War Z nur wärmstens empfehlen. Reinen Singleplayer-Fans dürfte der Titel aber einfach viel zu wenig Substanz bieten. Immerhin ist er aber mit nur 40 Euro relativ günstig …

Was ist World War Z? Ein Third-Person, 4-Spieler-Coop Survival-Shooter im Stil von Left 4 Dead.
Plattformen: PS4, Xbox One, PC
Getestet: PS4 Pro
Entwickler / Publisher: Saber Interactive / Koch Media
Release: 16. April 2019
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 6.0

Einzelwertungen: Grafik: 8 | Sound: 6 | Handling: 6 | Spieldesign: 6 | Motivation: 4

Passende Beiträge

Flint: Treasure of Oblivion im Test

ANTONBLAST im Test

The Spirit of the Samurai im Test