Yakuza Kiwami 2 im Test

Mit der PC-Portierung des 2018 für die PlayStation 4 erschienenen Yakuza Kiwami 2 wird am 9. Mai auch der voraussichtlich letzte Eintrag in SEGAs Remake-Reigen der langlebigen Yakuza-Serie für den PC veröffentlicht (Yakuza 3, 4 u. 5 erscheinen lediglich als HD-Remaster, nicht als Kiwami-Remake – in Japan sind Teil 3 und 4 bereits erhältlich, für den Westen hingegen sind die Remaster noch nicht offiziell angekündigt). Wie bereits im 2006 erschienen PS2-Original macht sich Kiryu Kazuma neuerlich auf, um seinem (ehemaligen) Clan aus der Bredouille zu helfen und endlich jenen Frieden zu finden, der ihm bislang verwehrt blieb.

Dabei erstrahlen Kamurocho und Sotenbori erneut in cineastischem Glanz und warten dank der, eigens für Yakuza 6 (PS4 2016 in Japan/ 2018 im Rest der Welt) entwickelten und erstmals in der Kiwami-Serie zum Einsatz kommenden, Dragon Engine mit noch mehr Bewegungsfreiheit auf. In insgesamt 16 – mal längeren, mal kürzeren – Kapiteln wird der nunmehrig 38-Jährige Kiryu neuerlich in die Irrungen und Wirrungen des Yakuza-Lebens verstrickt und wir mit ihm vor zahlreiche Abenteuer und Minispiele gestellt. Bei all dem dabei aufgebotenen serientypischen Pathos kommen Spannung und vor allem in den Nebenquests, auch der Humor nicht zu kurz.

Einmal Yakuza immer Yakuza?

Nach den bewegten und bewegenden Geschehnissen des ersten Teils ist Kiryu zu Beginn von Yakuza Kiwami 2 zunächst neuerlich Zivilist. Zur Abwechslung allerdings aus freien Stücken und nicht, weil er schon wieder in Ungnade gefallen wäre. Nachdem seine große Liebe Sawamura Yumi, sein Ziehbruder Nishikiyama Akira (Nishiki), sowie sein Ziehvater Kazama Shintarō allesamt verstorben sind – um nicht zu sagen ermordet wurden – und Kiryu gleichsam ein zweites Mal zum Vollwaisen wurde, hat der ehemalige Drache von Dōjima nicht nur seinen Titel als vierter Vorsitzender des Tojo-Clans zurückgelegt, sondern gleich seine gesamte Yakuza-Karriere an den Nagel gehängt. Der Yakuza und ihrer (internen, wie externen) Scharmützel endgültig überdrüssig, will sich Kiryu auf seine Rolle als frisch gebackener Ziehvater der kleinen Haruka, Yumis Tochter, konzentrieren. Und das läuft, abgesehen von den nächtlichen Albträumen, auch alles hervorragend; zumindest ein gutes Jahr.

Am 15. Dezember 2006 gedenken Kiryu und Makoto der Verstorbenen am örtlichen Friedhof. Sowohl Yumi, als auch Kazama und letztlich auch Nishiki ließen ihr Leben, um den Tojo-Clan aus den Fängen eines korrupten Politikers und zugleich leiblichen Vaters von Haruka, Jingu Kyohei, zu befreien und solchermaßen der größten Tokioter Yakuza-Familie zu altem Ansehen und früherer Stärke zu verhelfen. Denn Jingu machte gemeinsame Sache mit dem großen Rivalen des Tojo-Clans, der in Osaka ansässigen Omi-Allianz mit Hauptsitz in Sotenbori. Zu den privaten Gedenkfeierlichkeiten von Kiryu und Haruka gesellt sich auch der aktuelle Vorsitzende des Tojo-Clans, Terada Yukio. Pikantes Detail am Rande: Terada war ursprünglich Vorsitzender der Omi-Allianz, freundete sich jedoch mit Kazama Shintarō an und avancierte am Ende von Yakuza und Yakuza Kiwami 2005, nachdem Kiryu den Posten erneut freigab, zum fünften Vorsitzenden des Tojo-Clans. Terada, um ein Friedensabkommen mit der Omi-Allianz bemüht, tritt an Kiryu mit der Bitte um Rat heran. Kiryu, der sich aufgrund der Taten seines Zieh- und Blutsbruders Nishiki indirekt mitverantwortlich für die missliche Lage seiner ehemaligen Yakuza-Familie fühlt, nimmt es, nach einem früh platzierten Twist, auf sich Friedensgespräche mit dem Vorsitzenden der Omi-Allianz, Goda Jin, aufzunehmen. Ein Unterfangen das sich bald als deutlich schwieriger herausstellen wird, als es nicht ohnehin von vornherein anmutete. Eingeholt von 20 Jahre zurückliegenden politischen Ereignissen gerät Kiryu neuerlich zwischen zahlreiche Fronten mit internationaler mafiöser und polizeilicher Beteiligung. Unterstützt wird der Drache von Dōjima diesmal von Sayama Kaoru, einer resoluten Polizistin und damit einer der wenigen starken weiblichen Charaktere des Yakuza-Universums, an welchen es demselben aus Sicht des 21. Jahrhunderts doch sträflich mangelt. Losgetreten wird vor diesem Hintergrund eine der spannendsten Geschichten SEGAs Aciton-Adventure-Reihe, die nicht zuletzt ihrer cineastischen Inszenierung wegen auch 2019 nichts von ihrem ursprünglichen Charme eingebüßt hat. Leider ist das Spiel neuerlich nur in japanischer Vertonung, wenngleich dieselbe mehr als ausgezeichnet ist, mit englischen Untertiteln spielbar, was nicht jedem zusagen mag.

Die neuen Muskeln des alternden Drachen

Auch Yakuza Kiwami 2 bleibt dem grundlegenden Spielkonzept der Serie treu. Neuerlich prügeln wir uns, in der Manier eines klassischen Street Brawlers, durch Gruppen von Gegnern. Bevor wir uns jedoch das Kampfsystem näher zu Gemüte führen ist es ratsam zunächst auf jenes Moment von Yakuza Kiwami 2 einzugehen, welches das Spiel zentral von den beiden unmittelbaren Vorgängern (Zero und Kiwami) unterscheidet: die Dragon Engine. Denn die neue Engine erweist sich als Knotenpunkt zahlreicher größerer und kleinerer Veränderungen, die in allen Spielbereichen, nicht nur auf der Ebene der Grafik, sondern bis in das Gameplay hinein, ihre (zumeist) ansehnlichen Spuren hinterlässt. Eigens für Yakuza 6 kreiert sollte sie vor allem die technische Grundalge für ein realistischeres Kampfgeschehen, sowie ein bruchloses Open World-Erlebnis liefern. Implementiert wurden in Yakuza 6 dementsprechend eine überarbeitete Physik-Engine und ein neues Ragdoll-System, wodurch nicht nur Gegenstände, sondern auch Gegner sehr viel realistischer zu Boden gingen. Dies wurde seitens SEGA im Falle von Yakuza 6 allerdings mit einer Drosselung der Framerate auf 30 Bilder pro Sekunde erkauft, die zu allem Überdruss nicht konstant gehalten werden konnten und von deutlich sichtbarem Kantenflimmern begleitet wurden. Auch wurden einige Areale Kamurochos deutlich beschnitten – z.B. waren große Teile des nördlichen Areals nicht mehr zugänglich.

SEGA hat für das Remake von Yakuza 2 nochmals vorbildlich Hand angelegt und an der neuen Engine geschraubt. Das Ergebnis lässt sich im wahrsten Sinne des Wortes sehen und auch fühlen. Die PC-Portierung setzt dem performance-technisch noch eines drauf. Die Spielwelt erstrahlt, gerade in der Nacht, in neuem Glanz und stimmiger Beleuchtung. Der Asphalt wirkt plastischer denn je, Pfützen zaubern – dank Screen Space Reflection – noch hübschere Spiegelungen der Skyline auf die Straße und auch die Zwischensequenzen gehören neuerlich zu dem Beeindruckendsten, was das Genre zu bieten hat. Kamurocho ist vollständig begehbar und auch Sotenbori ist – mit Ausnahme eines kleinen Parks aus Yakuza 0 – wieder mit von der Partie. Dank der Dragon Engine wirken beide Städte wie aus einem Guss. Einige Gebäude haben ein begehbares Dach spendiert bekommen und erlauben es uns solchermaßen Kamurocho und Sotenbori aus vollkommen neuen Perspektiven zu erleben und zu bestaunen. Gebäude lassen sich, wie bereits in Yakuza 6, als Kampfschauplatz zweckentfremden und dort feil gebotene Waren ordentlich durcheinanderwirbeln (selbst dafür gibt es einen Eintrag in der completion list des Spiels). Glasvitrinen und Schaufenster zerbersten, wenn Gegner durch dieselben geworfen oder per gezieltem Kinnhaken und Fußtritt darauf befördert werden. Schläge in die Magengrube lassen den Gegner in sich zusammensacken und am Boden wälzen. Hier macht die Engine nicht nur eine vorbildliche Figur, sondern richtig Spaß. Immerhin feiert die Dragon Engine mit Yakuza Kiwami 2 ihren Einstand auf dem PC, wo sie nun auch mit nativen 1080p aufwartet. Zudem erlaubt es uns die PC-Portierung, gegenüber der ursprünglichen PS4-Version, Yakuza Kiwami 2 in mindestens 60 FPS zu genießen, was zusätzlich zur ansehnlichen Grafik auch eine butterweiche Performance bietet. Gegenüber der PlayStation 4 stellen sich Bild und Texturen als deutlich schärfer dar, wenngleich mir dadurch der Unschärfefilter in der Distanz noch stärker ins Auge sticht. Im Vergleich zur PS4 Pro-Version von Yakuza Kiwami 2 wiederum fallen die graphischen Unterschiede deutlich geringer aus. Auch die übrigen Änderungen der PC-Portierung nehmen überschaubare Maßen an. Ein paar Grafikeinstellungen können nun individuell angepasst werden und auch das Field of View (Sichtfeld) kann individuell verändert werden; die gebotenen Möglichkeiten fallen jedoch deutlich spärlicher aus, als noch in der PC-Portierung von Yakuza Kiwami. Die Einstellungsmöglichkeiten reichen jedoch aus, um auch auf weniger performanter Hardware ein schönes Spielerlebnis zu ermöglichen. Die Maus- und Tastatursteuerung ist durchaus passable, jedoch neuerlich keine wirkliche Empfehlung wert und macht das Gamepad wieder zur besten Peripherie. Für all jene die sich partout an keine Analog-Sticks gewöhnen wollen, steht jedoch eine – zumindest – funktionale Alternative bereit.

Neu ist nicht immer besser

Außerdem hat gerade die Physik der neuen Drachen-Engine auch ihre Schattenseiten. Und diese gehen vor allem auf Kosten der Immersion. So wirkt es unfreiwillig komisch, wenn Kiryu nebenberuflich zum Bulldozer mutiert sobald er kurze Zeit gegen ein Hindernis, wie etwa einen Tisch, eine Bürotrennwand oder gar Parkbank, läuft. In hohem Bogen fliegen die Gegenstände dann durch die Luft oder aber zerbersten in tausend kleine Einzelteile, nur um im Nu zu verschwinden. Ein bekanntes Problem unterschiedlichster Physik-Engines, das auch Yakuza Kiwami 2 plagt, ohne deshalb den Spielspaß auch nur im Geringsten zu mindern. Störender wirkte auf mich hingegen das Gegnerverhalten nach geschlagenem Kampf. Standen Gegner in Yakuza 0 und Kiwami nach verlorenem Kampf auf und schlurften beschämt von Dannen, lösen sie sich nunmehr nach dem Kampfgeschehen – mitunter bereits währenddessen – einfach in Luft auf. Vor unseren Augen werden sie immer transparenter, bis sie nicht mehr zu sehen sind. Hier werde ich schmerzhaft an die, ansonsten so lebendig und organisch wirkende, Virtualität Kamurochos und Sotenboris erinnert.

Fighting for Freedom…

Auch hinsichtlich des Gameplays hat sich im Kampfsystem einiges verändert. Im Vergleich zu den beiden Vorgängern wurde dasselbe deutlich entschlackt und an jenes von Yakuza 6 angepasst. Standen früher zahlreiche Kampfstile zur Verfügung, die situationsabhängig eingesetzt werden wollten, um sich unterschiedlichster Gegnertypen zu erwehren, setzt Yakuza Kiwami 2 ausschließlich auf kurze Button-Kombinationen zur Ausführung von Schlag- und Trittabfolgen, Konter, sowie die serientypischen Heat-Action-Moves, von denen zahlreiche freigeschalten werden können. Böse Zungen behaupten ja, dass die unterschiedlichen Kampfstile früherer Teile primär Tiefe vortäuschten, wo ohnehin nur schnelles Knöpfchen-Drücken gefragt war, mir persönlich gingen sie jedenfalls auch in der neuesten Iteration der Serie nicht ab. Weiterhin bietet das Kampfsystem mit unterschiedlichen zu erwerbenden Fähigkeiten, zahlreich einsetzbaren Waffengattungen – vom hölzernen Katana bis zum Wasserkocher ist so ziemlich alles vertreten – und den Spezialattacken bei gefüllter Heat-Leiste, mehr als genügend Abwechslung; zumindest im weiteren Verlauf des Abenteuers, sobald mehrere Spezialfähigkeiten, im Tausch gegen Erfahrungspunkte, freigeschalten wurden.

Der Gourmet bildet sich, der Gourmand geht leer aus

Das diesbezügliche Charakterentwicklungssystem wurde ebenso, leicht adaptiert, von Yakuza 6 übernommen. Wurden wir in Yakuza 0 und Kiwami mit ringförmig gestalteten Skill-Bäumen konfrontiert, scrollen wir uns nun durch Listen von Fertigkeiten, die in fünf Reiter unterteilt sind. Unter Stats verbessern wir unsere Grundattribute Lebensenergie, Stärke, Verteidigung und die Länge der Heat-Leiste. Im Reiter Battle Skills verbergen sich unterschiedliche Kampffertigkeiten. Unter Heat Action lassen sich zusätzliche Heat-Moves freischalten, respektive die Stärke derselben erhöhen. Unter Life Skills wiederum können wir z.B. die Sprintgeschwindigkeit und -dauer Kiryus erhöhen oder, was eindeutig wichtiger ist, einen Multiplikator für erstandene Erfahrungspunkte einlösen. Auch Erfahrungspunkte sammeln wir in Yakuza Kiwami 2 in fünf unterschiedlichen Kategorien, die durch verschiedenfarbige Symbole gekennzeichnet sind. Jede Fertigkeit, jeder Heat-Move und andere zu erstehende Fertigkeiten kosten unterschiedliche Mengen dieser Symbole. Sehr bald nach Start des Spiels fällt auf, dass sowohl Kämpfe, als auch die unterschiedlichen Substories (Nebenquests des Yakuza-Universums) nur eine sehr geringe Menge dieser Erfahrungssymbole abwerfen. An dieser Stelle kommen die unterschiedlichen Restaurants und Imbissbuden ins Spiel. Das Dinieren in denselben dient nicht mehr bloß der Heilung und Abarbeitung der Komplettierungsliste, sondern nunmehr auch dem gezielten Sammeln von Erfahrungspunkten. Denn, für den Verzehr von Speisen erhält Kiryu um einiges mehr an Erfahrungssymbolen als durch die übrigen Spielelemente. Aus diesem Grund ist es ratsam früh in jene Life Skills zu investieren durch welche wir mehr Erfahrungspunkte für den Verzehr von Gerichten erhalten, sowie jene die das Magenvolumen des Protagonisten vergrößern. Denn Kiryu kann sich nicht nach Herzenslust mit Essen vollstopfen. Respektive kann er das selbstverständlich schon, ab einem bestimmten Füllstand seines Magens erhält er jedoch keine Erfahrungspunkte mehr, sondern entleert lediglich seine Geldbörse und kann maximal die eventuell angeschlagene Gesundheit neuerlich regenerieren. Insofern geht der hemmungslose Vielfraß erfahrungspunktetechnisch leer aus. Ist Kiryu erst einmal sattgegessen, will der Mageninhalt vor der nächsten Mahlzeit erst einmal verdaut werden. Um dies zu beschleunigen greifen wir entweder zu entsprechenden Pharmazeutika, die den Metabolismus und die Verdauung ankurbeln oder aber, was nicht zur Nachahmung empfohlen ist, prügeln uns mit einigen der Passanten. Nach ein paar Kämpfen ist Kiryu neuerlich hungrig und kann ein Restaurant seiner Wahl aufsuchen, um sich auf kulinarischem Wege weiterzubilden.

Die Geschichte von Majima Gorō

Damit jedoch noch lange nicht genug. Sobald wir Kapitel fünf der Mainstory erfolgreich absolviert haben, schalten wir im Hauptmenü den Menüpunkt „Majima Saga“ frei. Hierbei handelt es sich um einen, gegenüber dem Original Yakuza 2, völlig neuen Inhalt, der es uns erlaubt erneut in die Stahlkappenschuhe des ehemaligen Mad Dog of Shimano zu schlüpfen und solchermaßen erstmals in Erfahrung zu bringen, weshalb Majima Gorō zwischen Yakuza (Kiwami) und Yakuza (Kiwami) 2 den Tojo-Clan verlassen und seine eigene Baufirma – Majima Construction – gegründet hat? In insgesamt drei Kapiteln, die jeweils nach bestimmten Kapiteln der Hauptgeschichte um Kiryu freigeschalten werden – können wir auf diesem Wege in der Gestalt von Majima Gorō durch Kamurocho und Sotenbori schlendern und beide Städte noch unsicherer machen, als sie es nicht ohnehin bereits waren. Dieses Abenteuer fällt dabei nicht nur deshalb deutlich kürzer aus, weil es lediglich drei Kapitel aufweist, auch die Rollenspielelemente der Hauptgeschichte wurden, wohl der Kürze wegen, gestrichen, hätte deren Implementierung doch eine Umstrukturierung des Charakterentwicklungs-Systems notwendig gemacht.

Abseits des Hauptpfades

Neben einer fesselnd inszenierten Geschichte, cineastisch choreographierten Kämpfen und Majimas Zusatzgeschichte wartet Yakuza Kiwami 2 neuerlich mit zahlreichen Mini-Games auf, mit denen wir uns die Zeit vortrefflich vertreiben können und die Spielwelt Yakuzas allererst so richtig zum Leben erweckt wird. Neuerlich können wir die obligatorischen SEGA Spielehallen besuchen, und zwei großartige Arcade-Spiele der 90er Jahre genießen: Virtual Fighter 2 (1994) und Virtual On: Cyber Troopers (1996). Diese Arcade-Klassiker könne zudem lokal auch zu zweit gespielt werden. Ausgedehnten Nostalgie-Trips in die Videospielgeschichte Segas steht demnach, trotz mitunter etwas schwammiger Steuerung im Falle von Virtual Fighter 2, nichts mehr im Wege.

Darüber hinaus können und müssen wir uns – sowohl im Zuge der Mainstory als auch in Substories – erneut an Greifautomaten versuchen. Im Vergleich zu den Vorgängern geht dies nun deshalb deutlich schwieriger von der Hand, als mehrere Automaten direkt nebeneinander platziert sind, weswegen es nicht mehr möglich ist die Kamera seitlich vom Greifautomaten zu platzieren, wenn wir den Greifarm nach hinten bewegen. Mangels räumlicher Abschätzbarkeit kein prickelndes Erlebnis aber auch kein Fortschrittshinderungsgrund. Die letzte Möglichkeit sich innerhalb der SEGA-Arcades die Zeit zu vertreiben bieten zwei Toiletten-Minispiele, die im Zuge einer Substory freigeschalten werden können: Milky Nose und The North Wind and the Sun and Me.

Mit dem Clan Creator und Cabaret Club feiern wiederum zwei aus Yakuza 6 und Yakuza 0 bekannte und durchaus komplexe Minispiele ihre Rückkehr, die zugleich Kiryus Haupteinkommensquelle in Yakuza Kiwami 2 darstellen – denn die Restaurantbesuche sind nicht gerade billig und wollen erst einmal finanziert werden. Bei dem Clan Creator handelt es sich im Wesentlichen um eine Spielart des Genres Tower Defense. Unsere Aufgabe ist es die Hügel von Kamurocho, respektive die dort stattfindenden Bauunternehmungen, gegen Wellen anstürmender Schergen zu verteidigen. Als Host eines Cabaret Clubs unterstützen wir wiederum die Mitarbeiterinnen eines Nachtclubs dabei möglichst viel Geld aus den Besuchern zu quetschen. Mit beiden Minispielen lassen sich neuerlich einige vergnügliche Stunden zubringen.

FAZIT

Es bereitet mir immer wieder schier unbeschreibliche Freuden – was ein textbasiertes Fazit nicht unbedingt erleichtert – einfach nur ziellos durch die belebten Straßen der beiden Städte in Tokyo und Osaka zu spazieren, um in eine der zahlreichen Substories zu stolpern, die mich immer wieder in aberwitzige Situationen bringen oder in einem der unzähligen Bars und Lokale einzukehren, um eine Darts-Partie einzuschieben, respektive in einem der SEGA-Arcades eine Runde Virtual-Fighter 2 zu spielen. Die große Stärke von Yakuza Kiwami 2 ist jedoch sicherlich, wie schon im Falle des Originals aus dem Jahr 2006, die packende Geschichte. Mit Gōda Ryūji begegnet uns hier einer der interessantesten Antagonisten der Yakuza-Serie, da er gleichsam Kiryu Kazumas ideellen Antipoden darstellt. Hat Kiryu im tiefsten Inneren ein weiches Herz, dessen moralischer Kompass durch Gerechtigkeit und Loyalität genordet ist, reiht sich Gōda auf der gegenüberliegenden Seite des moralischen Spektrums ein. Verzehrt von dem Streben nach Macht, um der einzig legitime Drache der Yakuza-Welt zu werden, geht Gōda nicht nur im übertragenen Sinn über Leichen. Gegenüber Yakuza 2 graphisch völlig überarbeitet, wartet der, in die neue Dragon Engine gehüllte, voraussichtlich letzte Kiwami-Teil zudem mit zahlreichen neuen Inhalten, wie etwa der „Majima Saga“ oder zusätzlich in das Spiel verwobenen Story-Schnipseln, auf.

Die PC-Portierung von Yakuza Kiwami 2 sei somit all jenen wärmstens empfohlen, die ein Herz für Action-Adventur und Brawler mit Rollenspielelementen in einem Open World Setting mit viel asiatischem Flair haben, cineastisch inszenierte Geschichten schätzen und sich von englischen Untertiteln und Menütexten nicht abschrecken lassen. Wer die PS4-Version noch nicht besitzt und obigem Profil entspricht, kann bei der PC-Portierung bedenkenlos zugreifen und die neue Dragon Engine nunmehr bei ihrem ersten PC-Einsatz in nativen 1080p und 60 Bildern pro Sekunde erleben. Das macht die PC-Version zur eindeutig ansehnlichsten Version von Yakuza Kiwami 2, wenngleich die wahrnehmbaren Unterschiede zur PlayStation 4 Pro-Version marginal erscheinen. Die zusätzlichen Grafikeinstellungen ermöglichen es auch auf schwächerer Hardware ein sehr ansehnliches Bild, bei zugleich flüssiger Performance, zu erreichen. Die Maus- und Tastatursteuerung bleibt bestenfalls funktional, mehr Spaß macht es mit dem Gamepad durch Kamurocho und Sotenbori zu spazieren, bietet jedoch eine gangbare Alternative.

Insgesamt ist Yakuza Kiwami 2 also auch auf dem PC mehr als nur ein vorbildlich gelungenes Remake eines Serien-Klassikers, das es verdient hat gespielt zu werden, auch oder gerade wenn ihr das Original bereits mit Freude (durch)gespielt habt. Denn SEGA hat die Story neuerlich nicht nur geringfügig erweitert, sondern zumeist sehr genau darauf geachtet, das Spiel detailgetreu zu rekonstruieren, wie unser Vergleichsvideo der beiden Intros von Yakuza 2 (PS2 2008, nordamerikanische/ europäische Version) und Yakuza Kiwami 2 (PC 2019) zeigt (zur synchronen Vergleichbarkeit der Intros wurden die zahlreichen Ladezeiten der PS2-Version entfernt).

Was ist Yakuza Kiwami 2? Das Remake des 2006 für die PlayStation 2 erschienenen zweiten Serienteils der Action-Adventure Serie um das Yakuza Mitglied Kiryū Kazuma.
Plattformen: PC, PS4
Getestet: auf PC Intel Core i5-6600K, 4x 3.5GHz, 16 GB RAM, AMD Radeon R9 Fury
Entwickler / Publisher: Sega/ Sega
Release: 09. Mai 2019
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 8.8

Einzelwertungen: Grafik: 8 | Sound: 8 | Handling: 8 | Spieldesign: 10 | Motivation: 10

Passende Beiträge

Flint: Treasure of Oblivion im Test

ANTONBLAST im Test

The Spirit of the Samurai im Test